Die MEDIA-Förderung für Video-on-Demand-Projekte – ein Ausflug in die europäische Förderpolitik

Thema

Seit 2007 unterstützt die Europäische Union im Rahmen ihres MEDIA-Programms zur Förderung von Film und Medien die Verbreitung audio-visueller Medien mit digitalen Techniken. Der betreffende Förderbereich unterteilt sich in die Kategorien Digital Cinema Distribution und Video on Demand (VoD).

Für die aktuelle Ausschreibung mit dem eurokratischen Namen „Aufruf EACEA 02-2009“ wurden die Fördermittel von etwa 6 auf 8 Millionen Euro aufgestockt. Die Mittel stehen auf Antrag und nach Bewilligung für die Kofinanzierung von Projekten unabhängiger Produktions- und Vertriebsunternehmen zur Verfügung.

Insbesondere im Video-on-Demand-Bereich sind auch Projekte dabei, die mittelbar den Kurzfilm tangieren oder unmittelbar dem Kurzfilm eine Plattform bieten. Im nunmehr dritten Jahr der Förderung lohnen sich ein Blick auf das bisher Erreichte und ein Ausblick auf die Zukunft.

 

Der große Rahmen

Die Aufgabe von MEDIA ist die Unterstützung der europäischen Film- und Medienindustrie. Historisch lässt sich das MEDIA-Programm vor allem auf das Bestreben Frankreichs zurückführen ein Instrument zu entwickeln, um die eigene Filmwirtschaft gegen die Konkurrenz aus Übersee, sprich den USA, zu stärken.

Formal ist MEDIA ein, auf Initiative des Europarats, gemeinsames Förderinstrument der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle und der Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles & Kultur (EACEA), die wiederum drei Generaldirektionen der Europäischen Kommission unterstellt ist.

MEDIA ist keine Behörde und eigentlich auch keine Institution, sondern ein jeweils zeitlich begrenztes Förderprogramm. Zurzeit ist MEDIA 2007 gültig, dessen Periode 2013 endet. Zu dem Förderprogramm gehört aber eine Förderstruktur mit einer eigenen Verwaltung.

Für die Verwaltung ist die MEDIA-Abteilung der EACEA zuständig, d.h. für Ausschreibungen, die Abwicklung von Anträgen, das Monitoring und die Evaluierung der Fördermaßnahmen. Sie ist in drei Sektoren unterteilt: Produktion, Vertrieb sowie Promotion (u.a. auch Festivalförderung), Training und Pilotprojekte. Während im Rahmen der Förderung von Pilotprojekten ebenfalls digitale Vertriebsprojekte unterstützt werden und wurden – wie etwa die Einreich- und Festivalplattform REELPORT oder die Vertriebsplattform online.org – gehört die Förderung von Video-on-Demand-Projekten zur Vertriebsförderung („Distribution“).

Als Ansprechpartner und Lotsen durch den europäischen Verwaltungsdschungel stehen in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union sowie assoziierten Ländern, die am MEDIA-Programm teilnehmen, jeweils nationale Media Desks und regionale Antennen zur Verfügung.

 

Voraussetzungen für eine Video-on-Demand-Förderung

Entscheidendes Kriterium für die Bewilligung von Mitteln ist die europäische Dimension der Vorhaben. Konkret bedeutet dies, dass der angebotene Inhalt aus mindestens fünf MEDIA-Mitgliedsländer, die fünf Sprachen abdecken, stammen muss. Höchstens 40% der Inhalte – gemessen in Programmzeit – dürfen aus einem einzelnen europäischen Land sein. Bewertet werden die Anträge anhand der Anzahl der Partner und der Länder, der Qualität des Filmkatalogs, der Zielgruppe und des Kosten-Nutzen-Effekts.

In der Praxis wirken viele dieser Voraussetzungen als Einschränkung oder Hürde. Die mit den Auflagen verbundenen „šSprachprobleme“˜ lassen sich wohl noch relativ leicht lösen. Eine Gründer-Initiative aus einem einzelnen Land hingegen, wird jedoch mit einer solchen Vielzahl von Aufgaben konfrontiert, dass sie im Rahmen einer Ausschreibungsfrist, also unter Zeitdruck, kaum zu lösen sind. Viel schwieriger ist jedoch die Partnersuche. Unternehmen, die bereits über transnationale Geschäftsbeziehungen verfügen oder gar Niederlassungen in mehreren Ländern haben, sind diesbezüglich im Vorteil.

 

Hürden bei der Antragstellung und Durchführung von Projekten

In Wirtschafts- und Industriesektoren mit langer „šeuropäischer Fördertradition‘ gibt es längst spezielle Kontaktbörsen und ein Netz öffentlicher Beratungseinrichtungen. Üblich ist auch die Inanspruchnahme gewerblicher Hilfe durch Beratungsagenturen und Unternehmensberater. Im Bereich der digitalen Distribution gibt es jedoch noch keine langjährigen Erfahrungen. Insbesondere kleine, innovative Projekte sind bei der Projektentwicklung und Antragstellung ziemlich alleine auf sich gestellt und schnell überfordert.

So besteht, zum Beispiel, die Gefahr oder die Verlockung unter ausländischen Freunden Alibi-Partner zu suchen und zu finden, die aber nicht wirklich den Erfordernissen genügen. Hierzu gehören unter anderem ausreichende personelle Ressourcen bei den Partnern, Fachkenntnisse und möglichst komplementäre Kompetenzbereiche. Eine weitere Hürde ist zu nehmen, wenn verschiedene Organisationstypen integriert werden müssen. Schließlich müssen Kooperationen vertragsrechtlich und finanztechnisch abgesichert werden.

Die MEDIA-Förderung ist keine Voll- oder Fehlbetragsfinanzierung, sondern eine Teilförderung. Die Fördersumme beträgt maximal 50% der kalkulierten Kosten. Oft werden jedoch geringe Anteile als beantragt bewilligt. Die verbleibenden Kosten, also in jedem Fall mindestens 50%, müssen von den Antragstellern finanziert werden, um in den Genuß der Förderung zu kommen.

Diese Teilfinanzierung stellt eine besonders hohe Hürde für Organisationen im sogenannten Tertiären Sektor dar (gemeinnützige Vereine, Verbände, kulturelle Organisationen, NGOs). Dies sind Organisationen, die oft subsidiär öffentliche Aufgaben übernehmen, aber in der Regel über kein Kapital verfügen und keine Kredite aufnehmen dürfen.

Als indirekte finanzielle Hürde kann sich der personelle Aufwand auswirken, der mit der Antragstellung, der Antragsabwicklung und dem Verwendungsnachweis verbunden ist. Nur größere Organisationen können sich diesen Verwaltungsaufwand leisten. Viele stellen dafür sogar Personal ab oder ein, das sich auf eurokratische Projektabwicklungen spezialisiert hat.

 

Europa-politischer Hintergrund: Bedenkliche kulturelle Ein- und Ausgrenzungen

In der Europa-Politik ist häufig vom „šEuropa der Regionen‘ die Rede. Diese Formel wurde geprägt, um einerseits regionale Verbündete gegen zentralistische Tendenzen im eigenen Land für Europa zu gewinnen und andererseits, um nationalistischer Kritik an der europäischen Integration den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Verkündigung europäischer Maßnahmen wird entsprechend oft mit solchen kulturpolitischen Absichtserklärungen geschmückt.

Spätestens seit den negativen Erfahrungen der europäischen Filmförderung mit sogenannten Europudding-Filmen, die kulturelle Eigenarten auf den kleinsten gemeinsamen Nenner nivellierten, verfolgen die europäischen Förderprogramme als übergeordnete Ziele den Erhalt und die Förderung der europäischen kulturellen und sprachlichen Vielfalt. Auf den Bereich Film und Medien bezogen wird in diesem Zusammenhang immer die Pflege des filmischen und audiovisuellen Erbes genannt.

Damit ist jetzt zumindest indirekt anerkannt, dass Film und Medien nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten, sondern auch unter kulturellen Aspekten betrachtet werden müssen und, dass Kultur lokal und regional verankert sein kann und darf.

 

Eurozentrismus?

Die Kehrseite der europäischen Förderinstrumente ist die Ausgrenzung gegenüber nicht-europäischen Akteuren. Im Wirtschaftssektor, wo meist unverhohlen die Konkurrenzfähigkeit des europäischen Binnenmarktes propagiert wird, geht es vielleicht noch an sich auf Kosten der Anderen abzugrenzen. Im Medien- und insbesondere im Kultursektor ist eine solche Politik jedoch zumindest fragwürdig, wenn nicht sogar destruktiv.

Ein besonders krasses Beispiel ist die europäische Filmfestivalförderung. Einerseits wird im europäischen Binnenverhältnis – entsprechend der kulturellen Vielfalts-Lyrik – auf Diversifikation und Vielfalt gesetzt. So wird verlangt, dass im Programm mindestens 10 (europäische) Länder vertreten sind. Jedoch können nur Festivals eine MEDIA-Förderung erhalten, deren europäischer Anteil am Programm mindestens 70% beträgt. Dies bedeutet andererseits, dass im Außenverhältnis weniger als 30% der Programmzeit für den Rest der Welt zur Verfügung steht. Für internationale Festivals und Veranstalter mit kulturellen und ästhetischen Qualitätskriterien ist dies unzumutbar. Solche Regelungen führen entweder zur Umgehung der Einschränkungen durch antragstechnische Tricks oder bei Anwendung der Regeln zu einer Art kultureller Festung Europa.

Die Verantwortlichen in der Europäischen Union sind aber durchaus lernfähig. Die aktuelle Antwort auf den impliziten Eurozentrismus ist jedoch nicht die Änderung der Regeln in den bestehenden Förderprogrammen, sondern die Auflage eines neuen Programms, das sich ausschließlich der Kooperation zwischen der audiovisuellen Industrie in Europa und der übrigen Welt widmet. Unter dem Titel MEDIA-MUNDUS stehen von 2011 bis 2013 fünfzehn Millionen Euro für Projekte mit Drittländern bereit.

Die Gründe für die Einrichtung des MEDIA-MUNDUS-Programms sind jedoch nicht kulturell motiviert, sondern eindeutig wirtschaftlicher Natur. Das neue Programm soll der geringen Verbreitung europäischer audiovisueller Werke auf dem internationalen Markt entgegenwirken. Zu den Zielen gehören die Verbesserung der Marktforschung, die Erleichterung internationaler Koproduktionen, Verbesserungen im grenzüberschreitenden Vertrieb und die Erschließung neuer Zuschauergruppen. URL: http://ec.europa.eu/information_society/media/mundus/_de/index_de.htm

 

MEDIA-VoD-Förderung – der Stand nach zwei Jahren

Die Bewilligungen von Fördermitteln aus den beiden früheren Aufrufe liegen nun ein beziehungsweise zwei Jahre zurück und es können erste Ergebnisse begutachtet werden.

In der ersten Runde wurden elf VoD-Projekten  und einem Digital-Cinema-Projekt zusammen fünf Millionen Euro Fördermittel bewilligt. Zu den geförderten Projekten gehörten unter anderem DocsOnline, mk2vod.com, Filmklik und Moviepilot.

Auf der VoD-Plattform der Groupe MK2 finden sich kaum Kurzfilme, obwohl das von Martin Karmitz gegründete Unternehmen in fast allen anderen Sektoren der Filmwirtschaft von der Produktion über Filmhandel bis zum Kino und DVD-Verkauf aktiv ist.

Die ungarische Plattform Filmklik bietet einige Kurzfilme an, jedoch offenbar ausnahmslos ungarische Produktionen. Die Navigation auf der Seite und folglich Beurteilung fällt schwer – zumal die Umsetzung in die einzige angebotene Fremdsprache Englisch noch nicht „šsite-wide‘ vollzogen ist. Einige Filme werden offenbar kostenlos gestreamt – wofür aber in der Regel wegen des DRM-Systems ein Windows-Betriebssystem benötigt wird, andere nach einem undurchschaubaren Leih- und Kaufsystem angeboten. Es ergibt sich also ein eher konfuses Bild!

Die in Berlin ansässige Plattform Moviepilot wird inzwischen in fünf Sprachen angeboten, wobei aber Video-on-Demand bislang nur auf der deutschen Seite implementiert ist. Moviepilot ist eine Empfehlungs- und Film-Community-Plattform mit DVD-Vertrieb für Amazon.de. Kurzfilm spielt dort keine Rolle.

DocsOnline der gleichnamigen niederländischen Stiftung ist eine Plattform für internationale Dokumentarfilme (inkl. Kurzfilm), die themenorientiert mit NGOs zusammenarbeitet. Filmemacher erhalten 50% der Einnahmen aus Pay-per-View und Download-to-Own. Die Website verfügt über eine interessante geografische und thematische Navigation, die aber wohl wegen der unzähligen Java-Scripts sehr störanfällig ist. Auch hier werden wegen des DRM alle potentiellen Nutzer, die keinen Windowsrechner haben, ausgeschlossen. Interessant könnte, wenn einmal technisch funktionabel, der Klassiker-Bereich und der lizenzfreie Bereich mit Ausschnitten aus Dokumentarfilmklassikern werden – trotz der penetranten Google Ads, die dann auch mal neben einem Film über Auschwitz einen Link zu einer Sex-Website anbieten….

In der zweiten Förderrunde wurden siebzehn VoD-Projekten und einem Digital-Cinema-Projekt zusammen etwas mehr als sechs Millionen Euro bewilligt. Zu den geförderten Projekten gehören erneut DocsOnline, mk2vod.com, Filmklik und Moviepilot. Neu hinzugekommen sind unter anderen The Auteurs Europe, Doc-Air (Doc Alliance), Shortz! und Daazo.com – European Short Film Centre.

Förderung erhielt auch Filmin, das Portal eines Konsortiums spanischer Produzenten, das einen Upload-Bereich für Kurzfilme vorsieht aber, während dies geschrieben wird, noch nicht online ist. URL: http://www.filmin.es/

Über weitere Projekte, die von MEDIA gefördert werden, haben wir bereits berichtet. Wie das Movieeurope-Portal des Filmmakers‘ Independent Digital Distribution, ein dänischer Zusammenschluss europäischer Filmemacher und Produzenten – initiiert vom ehemaligen Zentropa-Geschäftsführer Niels Aalbí¦k Jensen.
Informationen zur DocAlliance – ebenfalls in der zweiten VoD-Förderrunde dabei – stehen aktuell in unserer Nachrichten-Rubrik.

Das beeindruckendste Video-on-Demand-Portal aus dieser Förderrunde ist zweifellos The Auteurs Europe. Es fällt in jeder Hinsicht, wegen seiner Herkunft auch förderpolitisch, aus dem Rahmen. Gegründet wurde The Auteurs von Filmliebhabern in Palo Alto, also in Silicon Valley. The Auteurs bringen aktuelle, anspruchsvolle Independent Filme und Filmkunstklassiker in ausgezeichneter technischer Qualität ins Netz. Die ursprüngliche Garagenfirma kooperiert inzwischen mit der angesehenen Vertriebsfirma Criterion (New York) und neuerdings mit dem französischen Weltvertrieb Celluloid Dreams (Paris). Die auch bezüglich Design und Funktionalität herausragende amerikanische Website wurde nun in einer Beta-Version MEDIA-gefördert für den europäischen Markt angepasst. Der umfangreiche Filmkatalog – leider kaum Kurzfilme – ist aus lizenzrechtlichen Gründen, vom Standort abhängig, jeweils nur teilweise zugänglich. Weitere Besonderheiten sind die Kooperation mit renommierten Festivals wie Cannes, Rotterdam, Berlinale, Venedig etc., aus deren Wettbewerben Filme online angeboten werden und ein lebhaftes Diskussionsforum.

 

Kurzfilm on Demand 1

Zwei der zuletzt geförderten Video-on-Demand-Projekte haben sich auf den Kurzfilm spezialisiert: Der Betreiber KIWI Media geht mit Shortz! an den Start. Dabei handelt es sich um ein VoD-Portal für Filme auf dem Handy (Mobile TV). Versprochen wird eine Auswahl der besten Kurzfilme von internationalen Festivals. Bislang ist das Repertoire noch zu klein, um eine Einschätzung geben zu können. Die zurzeit sechs online beworbenen Filme, lassen noch kein Konzept erkennen. Betreiber und Mitarbeiter des Portals sind zum Teil keine Unbekannten. Sie waren zuvor als Content Provider in Deutschland, Österreich und Spanien, wie zum Beispiel bei plan_b media in Köln tätig (plan_b hatte u.a. T-Mobile mit dem Kanal ShortCuts TV beliefert). Partner von KIWI Media S.L. mit Sitz in Barcelona ist ohm:tv (Köln), ein Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und den Vertrieb digitaler Fernsehformate, insbesondere Serien, spezialisiert hat.

 

Kurzfilm on Demand 2
Bei dem zweiten MEDIA-geförderten Video-on-Demand-Portal Daazo Shortfilms! gibt es schon wesentlich mehr zu sehen, obwohl das kalkulierte Budget und die Fördersumme nur einen Bruchteil der Beträge ausmacht, die bei den anderen Projekten investiert werden.
Betreiber ist die Daazo Film and Media Ltd. (Budapest), die von zwei ungarischen Studenten gegründet wurde. Beide sind Mitglieder der Organisation Nisi Masa, einem europäischen Netzwerk von jugendkulturellen Filmvereinen – ein sozio-kultureller Hintergrund, den man auch der Website und seiner Filmauswahl ansieht.

Das Portal mit dem etwas hochtrabenden Untertitel „European Short Film Centre“ ist im eigentlichen Sinn keine Video-on-Demand-Plattform, sondern eher eine Kombination aus Filmsharing- und Distributions-Plattform. Ein Geschäftsmodell ist nicht erkennbar. Die Filme werden kostenfrei gestreamt. Demnach werden den Produzenten auch keine Lizenzgebühren gezahlt. Daazo spricht die Filmemacher und Besucher der Website nicht als Geschäftspartner an. Vielmehr ist man, und das ist durchaus sympathisch, dort unter Freunden und Liebhabern des Kurzfilms.

Obwohl jedermann Filme uploaden kann, ist Daazo Shortfilms! keine typische Videosharing-Plattform. Die Betreiber setzen auf Qualitätsinhalte und versuchen dies durch redaktionelle Eingriffe zu erreichen. So gibt es einen Kanal „Editor’s choice“ mit ausgewählten, d.h. von der Redaktion empfohlenen, Filmen und „Daazo films“ mit Beiträgen, die von den Betreibern eingeworben wurden. Daazo bemüht sich auch aktiv um Preisträger europäischer Kurzfilmfestivals. Der überwiegende Teil der Filme sind Unterhaltungsfilme. Entsprechend sind die Suchkategorien im Spielfilmsektor mit mehreren Genre-Rubriken vergleichsweise breit aufgefächert und auch gut mit Filmen gefüllt. Während man unter den Kategorien Art und Experimental weniger Beiträge und vor allem kaum die Filme findet, die man unter diesen Begriffen erwarten könnte.

Auffällig ist, dass die meisten Filme offenbar aus dem unmittelbaren Freundeskreis oder zumindest aus dem sozio-kulturellen Umfeld der Betreiber kommen. Dies zeigt sich in der deutlich überwiegenden Zahl ungarischer Filme und den vielen Beiträgen von befreundeten Festivals und Wettbewerben aus der Region, insbesondere auch Ergebnisse von diversen Filmworkshops. Ausländische Filme kommen überwiegend aus der Region Südosteuropa beziehungsweise den Nachbarländern Ungarns.

Die Förderung der Plattform ist im Übrigen ein ermutigender Beleg, dass auch kleinere Projekte eine Chance auf europäische Förderung haben. Vermutlich wurde im Entscheidungsgremium bezüglich einiger Kriterien (Vielfalt beteiligter Länder und Partner, Kosten-Nutzen-Effekt) auch das eine oder andere Auge zugedrückt …

 

Fragen an die Konzeption der MEDIA-Politik

Das MEDIA-Programm VoD/DCD ist einerseits noch zu jung, um seine Wirkung schon seriös beurteilen zu können. Andererseits wirft es aber doch einige Fragen auf, die diskutiert werden sollten. Aber damit fängt das erste Problem bereits an: es gibt so gut wie keine öffentliche Diskussion über die Konzeption, die Abwicklungsmodalitäten und die Wirkung der Förderung. Dies liegt selbstverständlich vor allem daran, dass weder abgelehnte Antragsteller noch Begünstigte offen reden (können). Kritik erfährt man nur hinter vorgehaltener Hand – am häufigsten übrigens über den bürokratischen Aufwand. Und die Gremienentscheidungen finden selbstverständlich hinter verschlossenen Türen statt …

Interessant wäre unter anderem die Frage, welche Anträge nicht bewilligt wurden und weshalb die geförderten Projekte ausgewählt wurden. Auch stellt sich die Frage, ob es eine inhaltliche Gesamtkonzeption für die Förderpolitik gibt beziehungsweise falls ja, ob es eine solche Konzeption überhaupt geben sollte. So fällt zum Beispiel auf, dass sich viele geförderte Projekte inhaltlich überschneiden. Das gilt insbesondere für die zahlreichen Dokumentarfilm-Plattformen, die in der jüngsten Vergangenheit eingerichtet wurden. Nach der Entscheidungslage sieht es so aus, als werde es dem Markt überlassen, welche der europäischen Plattformen sich durchsetzen und am Ende erfolgreich sind. Wirtschaftspolitisch ist dies sicher richtig, kulturpolitisch aber vermutlich ein Fehler.

Der Anspruch an die geförderten Projekte auf eine europaweite transnationale Reichweite läuft oft ins Leere. Auffällig viele Projekte sind bei (oder wegen) starker regionaler und kultureller Verankerung kaum in der Lage europaweit zu handeln und zu wirken. Sollte man dieser Tendenz entgegenwirken und um welchen gegebenenfalls nivellierenden Preis? Oder macht es nicht – auch im grenzüberschreitenden World Wide Web – viel mehr Sinn auf ein Europa der Regionen setzen?

 

Manko: es gibt keine komplementäre europäische Kulturförderung

Das eigentlich Bedauerliche an der europäischen Film- und Medienförderung ist, dass sie aus historischen Gründen als eine Wirtschaftsförderung konzipiert wurde, in der kulturelle Aspekte nicht maßgeblich sind und nur als leere Floskel oder auf Umwegen ihren Niederschlag finden. Zur europäischen Integration gehört jedoch unbedingt auch eine explizit kulturell definierte Handlungsebene. Eine solche, von wirtschaftlichen Zwängen befreite, europäische Perspektive hätte es dann vermutlich auch nicht nötig sich eurozentrisch und defensiv gegenüber dem außer-europäischen Ausland zu positionieren.

In Bezug auf Internet-Plattformen für den Kurzfilm wäre es wünschenswert, wenn die gleichen Maßstäbe wie bei Fernsehen und Rundfunk gelten würden. Nämlich, dass es neben privaten Anbietern auch öffentlich-rechtliche Träger geben muss. In der europäischen Medienpolitik wird grundsätzlich ein gemein-europäischer Public Service als verfassungsrechtlich legitim erachtet. Im Mai 2009 veranstaltete der Europarat eine Konferenz der Minister für Medien zum Thema öffentlich-rechtlicher Auftrag und die neuen Medien. Jedoch drehte sich die Diskussion leider nur um die medienrechtliche Frage inwieweit öffentlich-rechtliche Fernsehsender ihr Angebot ins Internet ausdehnen dürfen. Die kulturelle Dimension wurde auch hier nicht berücksichtigt.

Die kulturelle Zusammenarbeit im engeren Sinne steckt aber europapolitisch erst in ihren Kinderschuhen. Neben den pompösen Kulturhauptstadt-Programmen gibt es seit 2007 mit dem „Programm Kultur“ einen zaghaften Anfang. Institutionell machen aber die vor kurzem in 34 europäischen Ländern eingerichteten Cultural Contact Points Hoffnung auf eine intensivere europäische Kulturpolitik.

Verweise / Links

Europäische Audiovisuelle Informationsstelle: http://www.obs.coe.int/about/oea/org/index.html.de
EACEA: http://eacea.ec.europa.eu/index_de.php
Kommission – Audiovisuelle- und Medienpolitik: http://ec.europa.eu/avpolicy/index_de.htm
Media Desk Deutschland: http://www.mediadesk-deutschland.eu/MEDIA.php
Cultural Contact Points: http://www.ccp-deutschland.de/ziele-kultur-programm-2007-2013.html

MEDIA – teilnahmeberechtigte Länder

Only countries participating in the MEDIA Programme are eligible:
Member States of the European Union,
Member States of the European Economic Agreement participating in the MEDIA Programme (Iceland, Liechtenstein and Norway),
Switzerland and Croatia.

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