Zwei Jahre Pro Short Kurzfilmverband in der Schweiz

Report

Das Komittee von Pro Short zeigt den Kleinen. Von oben links: Bruno Quiblier, Jela Hasler, Stella Händler, Nikola Ilić. Unten: John Canciani, Jasmin Basic, Corina Schwingruber, Tristan Aymon. Nicht auf dem Bild: Elie Chapuis, Jenna Hasse, Valentina Zingg  © Pro Short / Locarno 2017

 

Vor zwei Jahren trafen sich im Januar in Solothurn FilmemacherInnen, FestivalmacherInnen und ProduzentInnen um den Verband Kurzfilm Schweiz Pro Short zu gründen. Im August wurde in Locarno ein Manifest veröffentlicht. Darin definiert sich Pro Short als Interessenvertretung und Sprachrohr des Schweizer Kurzfilms. Seitdem füllt Pro Short in der Schweiz eine Lücke und setzt sich innerhalb der Filmpolitik, der Verbände und der Branche für den Kurzfilm ein.

 

Zur Gründung schrieb die Branchenzeitschrift Cinébulletin, »dem Schweizer Kurzfilm geht es gut, aber seine Situation in den nationalen Institutionen hat sich verschlechtert«[1] und beschreibt den Kurzfilm als ein von der Schweizer Filmförderung vergessenes Format.

 

Zehn bis fünfzehn Jahre zuvor sah dies, zwar nicht rosig, aber vielversprechend aus. Nach Vorbildern in anderen europäischen Ländern wurden die Kurzfilmagentur Schweiz gegründet und die Kurzfilmabteilung von Swiss Films, eine German Films vergleichbare Promotionsinstitution, ausgebaut. Und es gab erfolgsorientierte Fördermaßnahmen für Kurzfilme, vergleichbar der deutschen Referenzfilmförderung, im Rahmen der Programme Succès Cinéma (Prämien für Kinoerfolge) sowie Succès passage antenne (Prämien für TV-Ausstrahlungen) und Succès artistique (beides Referenzmittel aus dem Film- Fernsehabkommen „Pacte de l’audiovisuel“). Dort wurden Filme bis 60 Minuten gefördert. Anders als in der deutschen Fördersystematik mit kürzeren Laufzeitstaffelungen kommt dort der Begriff Kurzfilm nur in Bezug auf Festivals vor.

 

Die Kurzfilmagentur gibt es schon lange nicht mehr. Die URL shortfilm.ch führt heute zu Base Court in Lausanne, wo Kurzfilmevents kuratiert werden. Präsident ist der ehemalige Agenturgründer Philippe Clivaz. Ein anderer Mitgründer, Simon Koenig (heute Geschäftsführer des Filmbüros Zentralschweiz), wechselte zwischenzeitlich in die Kurzfilmabteilung von Swiss Films, die aber heute nur noch aus einer Person, gegenwärtig dem Kurzfilmkonsulenten Sylvain Vaucher, besteht.

 

Einige frühere Fördermaßnahmen für Filme bis 60 Minuten Länge des Bundesamts für Kultur (BAK) und im Rahmen des Filmfernsehabkommens mit der SRG/SSR wurden inzwischen gestrichen. Und das ging ziemlich geräuschlos vonstatten, da es keine Lobby gab. Hier setzt Pro Short an. Die beklagenswerten Entwicklungen werden vom Verband nicht zwingend als gezielter Entscheid gegen den Kurzfilm wahrgenommen, sondern als Folge fehlender Interessensvertretung und engagierter Gegenwehr.

 

Pro Short verweist dabei auf die Situation beim Animationsfilm, der ja auch Kurzfilm sein kann, der dank des Engagements des Verband der Animationsfilmschaffenden GSFA einen besseren Stand hat.

 

Als erstes nahm sich Pro Short den Schweizer Filmpreis vor, der aktuell in den Kategorien „Bester Kurzfilm“, „Bester Abschlussfilm“ und „Bester Animationsfilm“ vergeben wird. Die Möglichkeiten der Beteiligung und der Filmauswahl sind stark eingeschränkt und verhindern, dass der Filmpreis die tatsächliche Lage widerspiegelt (s.a. unsere Preisträger-Statistik unten). Reglementierend wirken unter anderem eine Festivalliste (Succès Festival) und die Einschränkung auf Abschlussfilme für Filme von Studierenden. Dies möchte Pro Short mit fairer ausgeschriebenen Kategorien ändern.

 

Aktuell arbeitet Pro Short auch an einem Vorschlag für besser ausgestattete Referenzfilmförderungen des BAK im Hinblick auf die nächste Förderperiode des Kulturfördergesetzes ab 2020 (sogenannte Kulturbotschaft[2]). Mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen SRG/SSR steht Pro Short im Kontakt, um zu klären, ob die für den Kurzfilm abgeschafften Prämiensysteme Succès passage antenne und Succès artistique oder Vergleichbares wieder eingeführt werden können. Außerdem bemüht sich Pro Short um eine Verbesserung des bestehenden Succès Festival Punktesystems.

 

Neben diesen konkreten filmpolitischen Aufgaben will Pro Short auch seinen Mitgliedern Vorteile bieten und mit Informationssystemen und in Veranstaltungen den Austausch und die Vernetzung der Kurzfilmszene verbessern.

 

Trotz seines erst kurzen Bestehens hat der Verein Pro Short per Ende 2018 bereits 90 Mitglieder. Die Mitgliedschaft ist für Filmstudierende gratis und die Jahresbeiträge für Professionelle und Institutionen liegen zwischen 50 und 500 CHF.

Seit diesem Jahr kann sich Pro Short auch eine professionelle Geschäftsstelle leisten. Im Februar wurde die Publizistin und Festivalkuratorin Valentina Zingg als Geschäftsführerin angestellt, um die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder zu unterstützen.

 

 

 

Links

Verband Kurzfilm Schweiz Pro Short

Swiss Films Support & Promotion Short Film

Base Court Lausanne

Erfolgsabhängige Filmförderung „Succès Cinéma“ des BAK

Förderplattform des BAK FPF

 

Weitere Informationen

Pro Short Vorstand per Januar 2019:

Jasmin Basic, Programmerin, Produzentin, Genf (Präsidium)

Corina Schwingruber Ilić, Filmemacherin, Luzern (Vize-Präsidium)

Tristan Aymon, Filmemacher / Produzent Terrain Vague, Lausanne

Bruno Quiblier, Direktor Base-Court, Lausanne

Stella Händler, Produzentin freihändler Filmproduktion, Basel

John Canciani, künstlerischer Leiter Kurzfilmtage Winterthur und Vorstandsmitglied Short film conference, Winterthur

Elie Chaupuis, Animationsfilmer, Produzent Hélium Film und Mitglied des GSFA

Jenna Hasse, Filmemacherin und Schauspielerin, Lausanne / Paris

Nikola Ilić, Filmemacher, Luzern

Jela Hasler, Filmemacherin, Zürich (Geschäftsstelle ad interim)

Geschäftsstelle: Valentina Zingg

 

Preisträgerstatistik: Schweizer Kurzfilme im internationalen Vergleich

Für den gerade veröffentlichten Rückblick auf Preisträger im Jahr 2018 liegen Daten vor, nach denen Schweizer Filme – nach Filmen aus UK, F, NL und A – an fünfter Stelle mit den weltweit meisten Auszeichnungen steht. Unter den kleineren Ländern – bezogen auf die Einwohnerzahl – ist sonst nur Belgien ähnlich erfolgreich. Dies war bereits im Jahr zuvor der Fall. Zu den Kurzfilmproduktionen mit den meisten Auszeichnungen im Jahr 2018 gehörten der Dokumentarfilm ALL INCLUSIVE von Corina Schwingruber Ilić, der Spielfilm BONOBO von Zoel Aeschbacher, die Animation DER KLEINE VOGEL UND DIE RAUPE von Lena von Döhren, der Spielfilm FACING MECCA von Jan-Eric Mack und der Dokumentarfilm LIGNE NOIR von Mark Olexa & Francesca Scalisi.

Im Jahr davor: AIRPORT von Michaela Müller, AU REVOIR BALTHAZAR von Rafael Sommerhalder, IN A NUTSHELL von Fabio Friedli und LA FEMME ET LE TGV von Timo von Gunten.

 

[1] „Damit der Kurzfilm nicht vergessen geht“, Pascaline Sordet, Cinebulletin 25.09.2017

[2] https://www.bak.admin.ch/bak/de/home/themen/kulturbotschaft.html

 

 

 

1 Trackback