Vorgestellt: Patreon – alternatives Crowdfounding statt Werbefinanzierung

Screenshot der Webseite patreon für das Projekt "Kurzgesagt"

Patreon-Seite von „Kurzgesagt“ (Screenshot 6-2018)

Die Plattform Patreon wurde 2013 von Sam Yam (ehemals AdWhirl) und dem Musiker Jack Conte gegründet. Contes persönliche Motivation war die Unzufriedenheit mit Veränderungen bei YouTube. Trotz millionenfacher Klicks zahlte YouTube für seine Musikvideos nur geringe Beträge an Werbeeinnahmen aus. Conte und Yam entwickelten die Idee für eine Plattform, die für Kreative vorteilhafter ist. So entstand Patreon mit einem ökonomischen Modell, das ohne Zwischenhändler und ohne Werbung auskommt.

 

Das Modell ähnelt Crowdfunding-Plattformen. Doch im Unterschied zum projekt- und kampagnenbezogenen Crowdfunding steckt hinter Patreon die Idee eines dauerhaften Mäzenatentums. Die Plattform ermöglicht die direkte, dauerhafte Bindung zwischen Kreativen (creators) und Spendern (patrons).

 

Die Creators können auf der Plattform zwar auch für ein zeitlich befristetes Projekt mit ‚Pledges‘ Geld einsammeln – zum Beispiel für ein Filmprojekt. Doch die Regel und das erwünschte Ziel sind dauerhafte Commitments. Mehr als 70% aller Kreativen auf Patreon werben bei den Spendern um feste monatliche (Klein-)Beträge. Damit ist es möglich sich, anstelle der Fertigstellung eines einzelnen Films, das Filmemachen an sich finanzieren zu lassen. Also, so etwas ähnliches wie ein bedingtes Grundeinkommen zu bekommen. Das ist ein Modell, wie es bereits manche Galeristen im Kunstsektor vormachen, die ‚ihren Künstlern‘ monatlich einen Betrag überweisen, das statt des fertigen Produkts (Film oder Kunstwerk), die künstlerische Leistung in den Mittelpunkt rückt.

 

Zur Zeit (Ende Juni 2018) haben auf Patreon 117.437 Kreative mindestens einen Patron. Dabei ist „Video“ die beliebteste Sparte – gefolgt von Comics, Games, Writing, Painting und Music. Fast 33.000 Video-Creators erhalten von ihren Patrons zur Zeit monatlich 3,9 Millionen Dollar! Davon erhalten die Kreativen etwa 3,6 Millionen nach Abzug von 5% des Umsatzes und der Gebühren für den Geldtransfer (die Einrichtung einer eigenen Seite ist kostenlos).

 

Bei der Verteilung der Einnahmen gibt es erwartungsgemäß ein großes Gefälle. Spitzenreiter in der Kategorie Video ist Philip DeFranco mit 16.000 Patrons. Der bekannte YouTube-Star hat – wie der Gründer von Patreon – YouTube den Rücken zugekehrt. Im Mai letzten Jahres gründete er mit Hilfe von Patreon das Nachrichten-Netzwerk „News and Entertainment Network“. Wie viele Andere kritisiert er die neuen Bewertungsregeln von YouTube und deren Monetarisierungspolitik, die bewirken, das Videos mit weniger werbefreundlichen Inhalten herabgestuft werden – wie bei seinem Nachrichtenkanal ’schlechte‘ Nachrichten über Krisen und Kriege. Die Einstufung durch das Management von YouTube führt dann nicht nur zu niedrigeren Werbeeinnahmen, sondern indirekt auch zum Verlust an Sichtbarkeit und zu geringeren ‚Einschaltquoten‘ (hierzu s. diesen Beitrag).

 

Zu den Top 50 Creators auf Patreon gehört das Münchner Kurzgesagt Design Studio. Mit ihren animierten Bildungsvideos gehören sie zu den meist-abonnierten YouTube-Kanälen. Auf Patreon nehmen sie Rang 3 ein (11.500 Patrons und 41.000 $ Einnahmen pro Monat). „Kurzgesagt – In a Nutshell“ teilt auf ihrer Seite mit, dass sie zu viel Leute seien, um sich noch von YouTube finanzieren zu können. Sie hoffen, dass sie mit Hilfe von Patreon in Zukunft keine Werbevideos produzieren müssen, um über die Runden zu kommen.

 

Ähnlich äußern sich die beiden deutschen Studenten Jonas & David, die ‚Video Essays‘ produzieren (Simplicissimus). In ihrem Vorstellungsvideo auf Patreon erklären sie auch, dass sie bei YouTube im Mai 2018 für ihre Arbeit nur 568,56€ verdienten, was einem Stundenlohn von 3,30€ entspricht. Bei Patreon erhalten sie von 416 Patrons bereits 1,483 $ pro Monat ohne, wie sie sagen, in ihren Videos auf werbe-unfreundliche Begriffe wie ‚Donald Trump‘ oder ‚depressiv‘ verzichten zu müssen.

 

Pledges (orange) und Payouts (grün) seit Gründung @ Courtesy Graphtreon.com

Offen ist, wie sich die Erfolgsgeschichte fortsetzt – und für wen! Seit einem Jahr ist eine Schere zwischen der Zahl der Creator-Pledges und der Summe der monatlichen Auszahlung weit aufgegangen (s. Grafik). Das ist kein gutes Omen.

 

Patreon ist weder eine gemeinnützige Organisation noch ein philanthropisches Unternehmen. Im Aufsichtsrat sitzen unter anderem ehemalige CEOs von Twitter und America Online. Dennoch ist das Venture-Kapital finanzierte Unternehmen mit Sitz in San Francisco eine echte Alternative zu den Plattform-Produkten der börsennotierten FAANG-Imperien.

 

 

URL: Patreon

Datenquelle: Graphitreon.com

 

 

 

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