Le Jour le plus court

Report

Le Jour le plus court: Kurzfilmtag am 21. Dezember wird international

Der 21. Dezember ist Wintersonnenwende. In Mitteleuropa bleibt es an diesem Tag 15 bis 17 Stunden dunkel. Ein idealer Tag um ins Kino zu gehen? 2011 jedenfalls wurde in Frankreich der kürzeste Tag im Jahr als Kurzfilmtag ausgerufen. Am 20. Dezember 2011 deklarierte Kulturminister Frédéric Mitterand höchstpersönlich vor illustrem Publikum im Centre Georges Pompidou – Jeanne Moreau und Michel Gondry gehörten zu den Gästen – die längste Nacht des Jahres zur nationalen „Fête du court-métrage“.

Ausgeheckt wurde die Idee auf dem Festival in Clermont-Ferrand zusammen mit dem damaligen Leiter des CNC, Eric Garandeau, nach dem Modell der „Fête de la musique“, die jährlich zur Sommersonnenwende stattfindet. Garandeau, ein ehemaliger Berater von Nicolas Sarkozy und inzwischen im Amt abgelöst, setzte sich für die Digitalisierung des Filmerbes ein, lancierte den World Cinema Fund und war vor allem ein wichtiger Kämpfer für die „exception culturelle“ im audiovisuellen Sektor bei den TTIP-Verhandlungen mit den USA. Unter seiner Ägide wurden 2011 die Fördermittel für den Kurzfilm um 3% auf 11 Millionen Euro angehoben. Den Kurzfilmtag legte er von Anfang ganz groß an: er nahm Fernsehanstalten, Kinoverbände und prominente Filmemacher mit ins Boot. In Kooperation mit der Agence du court métrage wurden Kurzfilmtag-Veranstaltern 250 Filme lizenzfrei angeboten. Zentralistisch von Paris aus gesteuert, wurden praktisch alle Marktsegmente und Institutionen landesweit angesprochen: Multiplex-Kinos, Fernsehkanäle, Programmkinos, Mediatheken, Museen, Kulturzentren, Vereine, Schulen und ungewöhnliche Spielorte aktiviert, wie zum Beispiel Bahnhöfe. Zugleich hatte die Initiative auch einen Bildungsanspruch mit dem Fokus auf der Vermittlung des Filmerbes, mit Seminaren, Filmworkshops und der Einbeziehung von Schülern. Das aufgelegte Förderprogramm richtete sich auch an alle Bürger einmal im Jahr ein eigenes Kino zu betreiben und wandte sich damit auch an Amateure, also Liebhaber des Films. Laut Kulturminister Mitterand (interessant die englische Wortwahl!), „Cette nuit, chacun peut poser ses propres empreintes digitales sur le patrimoine filmique du court métrage, devenir, pour une nuit, programmateur, créer son « home cinema » côté court.“

Die erste Ausgabe des „Jour le plus court“ war mit 6.000 Events und mehr als 1,5 Millionen Beteiligten ein großer Erfolg. Benoît Labourdette, zusammen mit Isabelle Massot künstlerischer Leiter des Kurzfilmtags, sprach von einer Volksabstimmung zugunsten des Kurzfilms. „Le Jour le plus court“ war etabliert und im folgenden Jahr stieg die Zahl der Veranstaltungen auf 10.000.

Das Veranstaltungskonzept verbreitete sich über die einbezogenenen Instituts français international und bald begannen Organisationen in mehreren Ländern ihren eigenen Kurzfilmtag zu veranstalten. Vom „The Shortest Day“ über „El Día más corto“ bis zum „Kurzfilmtag“ gibt es inzwischen weltweit in etwa 50 Ländern am 21. Dezember Veranstaltungen, die sich vom französischen Vorbild inspirieren lassen.

In Deutschland findet 2014 der bundesweite Kurzfilmtag bereits zum dritten Mal statt. Koordinator ist der Bundesverband AG Kurzfilm. Beim ersten Kurzfilmtag gab es auf Anhieb 157 Veranstaltungen an 74 Orten. Bei der zweiten Auflage bereits eine Steigerung auf 208 Veranstaltungen an 94 Orten. Anders als in Frankreich konnten keine kostenlosen Filmprogramme angeboten werden. Jedoch gelang es durch Kooperationen mit Verleihen und Archiven Programme mit reduzierter Filmmiete zu vermitteln. Wie in Frankreich gab es auch ein gemeinsames Erscheinungsbild und Unterstützung bei der Bewerbung der Veranstaltungen.

Wie in Frankreich kann auch in Deutschland jeder beim Kurzfilmtag mitmachen. Auffällig ist, dass trotz Kooperation mit den Kinoverbänden eine sehr große Zahl der Veranstaltungen an alternativen, oft improvisierten Spielorten stattfinden. Von Kneipen, Clubs, Treppenhäusern und sogar Wohnzimmern bis zu U-Bahnen, Läden, Hausfassaden und öffentlichen Räumen gab es Projektionen an allen nur erdenklichen Orten. Erst im zweiten Jahr überwogen zumindest nach der Zahl der Buchungen bei Filmverleihen die Kinos – überwiegend Programmkinos und Kommunale Kinos, die regelmäßig Kurzfilme zeigen – deutlich vor anderen, alternativen Veranstaltern. Interessant auch, dass für den Kurzfilmtag 2013 mehr als die Hälfte der Veranstalter ihr Programm selbst zusammengestellt haben. Kaum überraschend, aber dennoch wichtig zu bemerken ist, dass es laut der Bilanz 2012 reine Filmvorstellungen in Kinos gegenüber Programmen mit Event-Charakter schwerer hatten Zuschauer zu interessieren.

Zum Start in die aktuelle, also dritte Runde des Kurzfilmtags bietet die AG Kurzfilm nicht nur wieder die inhaltliche Unterstützung, sondern auch neue Fördermöglichkeiten für Veranstalter. So werden dieses Jahr die acht kreativsten Veranstaltungsideen mit einem Preisgeld von je 100 Euro belohnt und in strukturschwachen Regionen werden Kinos, wenn sich drei Partner zusammenschließen, mit individuell zugeschnittenen Werbemitteln ausgestattet.

Auch in Frankreich gibt es dieses Jahr Neuerungen. Aufgrund der großen Nachfrage behalten sich die Veranstalter für den inzwischen vierten Jour le plus court vor, keine Anmeldungen mehr anzunehmen, wenn sich die Zahl der Anmeldungen 3000 Vorstellungen annähert. Gleichzeitig wurde jedoch der Kurzfilmtag auf das ganze Wochenende vom 19. bis 21. Dezember verlängert!

rww

Der dritte deutsche KURZFILMTAG wird unterstützt von der Filmförderungsanstalt, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Sächsischen Staatskanzlei, der AG Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater, dem Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF), dem Bundesverband kommunale Filmarbeit, der Europäischen Filmakademie und First Steps. Medienpartner sind ARTE, EinsPlus, 13th Street und filmecho/filmwoche.

Links und Quellen

Frankreich: http://www.lejourlepluscourt.com
Deutschland: http://www.kurzfilmtag.com
Canada: http://www.theshortestday.ca/
Spanien: http://eldiamascorto.com/
Serbien: http://www.najkracidan.com/

Eröffnungsrede von Frédéric Mitterand: http://www.culturecommunication.gouv.fr/Ministere/Histoire-du-ministere/Ressources-documentaires/Discours/Discours-de-ministres-depuis-1999/Frederic-Mitterrand-2009-2012/Discours-2009-2012/Discours-de-Frederic-Mitterrand-prononce-a-l-occasion-de-la-premiere-edition-du-Jour-le-Plus-Court-Fete-du-court-metrage

Bilanz von Eric Garandeau nach dem ersten Kurzfilmtag: http://www.cnc.fr/web/fr/discours-et-interventions/-/liste/18/1344733

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