Vorgestellt: The Film Network – Portfolio-Plattform für Kurzfilm

Screenshot The Film Network

Im Jahr 2005, also noch vor dem Launch von YouTube, gründeten verschiedene Abteilungen der BBC die Online-Plattform BBC Film Network, und ermöglichten damit Kurzfilmemachern sich und ihre Filme öffentlich zu präsentieren. Mit dem Ziel „to showcase new British Filmmaking“ entstand eine Portfolio-Plattform mit Networking-Funktionen in einem vertrauenswürdigen öffentlich-rechtlichen Umfeld. 2012 wurde die Plattform aus verschiedenen senderinternen Gründen geschlossen, danach aber vom Gründungsteam übernommen und in Eigenregie als The Film Network fortgeführt.

 

Mit dem Relaunch außerhalb der BBC konnte sich die Plattform über die Grenzen Großbritanniens hinaus entwickeln, was die Portfolio-Plattform nicht nur als Modell, sondern auch ganz praktisch zur Nutzung für internationale Filmemacher interessant macht.

 

Im Unterschied zu werbefinanzierten Streaming-Plattformen oder gebührenpflichtigen gewerblichen Plattformen wie YouTube oder Vimeo verlangt The Film Network vor der Einrichtung eines Accounts eine qualifizierende Referenz. Nur Filme, die zuvor von glaubwürdigen Organisationen anerkannt wurden, werden aufgenommen. Als Anerkennung gilt die Teilnahme an bekannten Festivals und die Aufnahme der Filme von kuratorisch arbeitenden Organisationen.

 

Den Filmemachern werden gebührenfrei Internetseiten eingerichtet, auf denen sie Informationen über sich und ihre Filme veröffentlichen können. Eine Upload-Funktion ermöglicht das Einbetten von Trailern oder ganzen Filme zur öffentlichen oder eingeschränkten Sichtung. Die Filme werden auf YouTube gehostet. Sie werden zwar nicht gelistet, sind also geschützt, unterliegen aber den YouTube-Content ID-Filtern, so dass leider manche Arbeiten blockiert werden (Beispiel).

 

In der Rubrik „Films“ können auch nicht registrierte Besucher per Suche nach Kategorie, Laufzeit, Herstellungsjahr, Herkunft und Sprache finden, was sie interessiert. Zu den Kategorien gehören Animation, Artist‘ Moving Image, Comedy, Drama, Documentary und Music. Zusätzlich gibt es kuratierte Channels von Partnern. Aktuell sind dies das Encounters Festival in Bristol und die Kurzfilmfestivals in Clermont-Ferrand und Tampere.

 

Auf der Mitgliederseite können sich Filmemacher, Autoren, Produzenten und Redakteure vorstellen. Außerdem können sich Organisationen wie Filmfestivals, Fernsehanstalten und Vertriebe präsentieren.

 

Der besondere Wert der Plattform, nämlich Networking mit der Branche, erschließt sich erst für registrierte Nutzer: akkreditierte Personen und Organisationen können sich von allen Seiten der Plattform aus mit allen anderen vernetzen, das heißt Nachrichten senden oder sich zum Chatten verbinden. Die eigenen Networking Aktivitäten werden in der Rubrik „My Network“ verwaltet. Die Registrierung ist nicht für Jedermann offen – nur Professionelle aus der Branche werden zugelassen.

 

Die Plattform hat gegenwärtig knapp 200 Mitglieder mit einem Katalog von nicht ganz 300 Filmen. Dem Suchfilter nach zu schließen sind bislang nur zwei Länder (UK, USA) vertreten. Das ist sicherlich ausbaufähig! Für die Zukunft plant The Film Network weitere Funktionen anzubieten, um die Attraktivität zu erhöhen. Dazu gehören die Untertitelung in mehreren Sprache, Möglichkeiten herauszufinden, wer den eigenen Film gesehen hat und weitere, plattformübergreifende Analysefunktionen.

 

Betrieben wird die Plattform von The Film Network Ltd. Die Firma hat ihren Sitz bei der Film- und Fernsehproduktion Aerian im idyllischen Ort Box (in der Nähe von Bath), übrigens in unmittelbarer Nachbarschaft zu Peter Gabriel’s Real World.

 

Die Portfolio-Idee ist großartig, die Durchführung und die Reichweite jedoch sehr verbesserungsfähig. Es fehlt spürbar die starke Unterstützung – auch finanzieller Art, wie sie zuvor durch die Institution BBC gegeben war. So lobenswert es ist, privatwirtschaftlich dürfte es aber kaum möglich sein auf Dauer solche Dienste kostenlos anzubieten. Nicht zuletzt angesichts der jüngsten Skandale um werbefinanzierte Plattformen und ihrer netzpolitischen Fragwürdigkeit wären eigentlich öffentlich-rechtliche Träger für die Einrichtung seriöser Online-Infrastrukturen für Filmemacher und Künstler gefragt.