Neue Technologien

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Neue Technologien und Vertriebsmöglichkeiten – eine Chance für den Kurzfilm?

Am 15. November 2006 veranstaltete die HFF „Konrad Wolf“ Potsdam-Babelsberg den 2. Babelsberger Workshop zu künstlerischen und wirtschaftlichen Aspekten des Kurzfilms, moderiert von Prof. Dr. Klaus Stanjek von der HFF. Aus unterschiedlichen Sichtweisen wurde vor allem über die neuen technischen Möglichkeiten diskutiert, die teilweise durch Kurzfilme begründet wurden, aber heute auch Einfluss auf ihre Verbreitung und Verfügbarkeit haben.

 

Seit die Bilder laufen lernten, nimmt der Kurzfilm als ursprüngliches Filmgenre einen festen Platz in der Geschichte des Films ein – sei es als pädagogischer Kulturfilm, Realfilm in Wochenschauen oder künstlerischer Film. Besonders Letzterer hat sich bis heute durchgesetzt und entwickelt sich stetig weiter. Außerhalb des normierten Kinobegriffs und unabhängig von den finanziellen Zwängen der Filmindustrie ist es dem Kurzfilm möglich, die filmischen und technischen Grenzen auszuloten und diese zu aufzubrechen. Ohne die Experimentierfreude der Kurzfilmemacher wäre heute vielleicht einiges, besonders im Bereich des Animationsfilms, nicht vorstellbar. Neben der Hervorhebung der Rolle des Kurzfilms als Impulsgeber, weist Reinhard W. Wolf, der erste Referent, auch darauf hin, dass der Kurzfilm zwar überall in den unterschiedlichsten Formen präsent ist – ob in Kino, Fernsehen oder Internet – dort aber trotzdem eine eher marginale Rolle spielt.

 

Nach Annette Friedmanns Vortrag über Dramaturgie im Kurzspielfilm, präsentierte Rainer Bruns sein Label „KurtsFilme“, dessen erklärtes Ziel es ist, den Kurzfilm aus seinem Nischendasein zu befreien. Seiner Meinung nach gehört zu einem guten Film viel Talent, aber auch ein guter Vertrieb. „KurtsFilme“ bietet von anspruchsvollen Independentfilmen über Trash eine große Vielfalt von Kurzfilmen an. Der Vertrieb erfolgt vor allem auf DVD, gekoppelt an größere Ereignisse wie zum Beispiel die Fußball-WM in diesem Jahr. Es gibt  aber auch eine Kooperation mit verschiedenen Internetportalen, in denen Bruns auch die Zukunft der Kurzfilmauswertung sieht, da sie die vielfältigsten Möglichkeiten bieten, wenn es darum geht, Zugang zu Kurzfilmen zu bekommen.

 

Bei „worldcinemaonline“ kann man zum Beispiel preisgekrönte Festivalteilnehmer ansehen oder erfahren, in welchem Land Lizenzen für bestimmt Filme erhältlich sind. Das australische Portal „Short Film Central“ bietet sogar an, Kurzfilm-DVDs nach Wunsch zusammen zu stellen. Auch das VideoOnDemand-Portal von T-Online und „in2movies“ von Warner bieten Kurzfilme zum Download oder zur Miete an. Problematisch ist hier, dass auch Langfilme angeboten werden, die auf Grund ihres größeren Bekanntheitsgrades die Kurzfilme eher in den Hintergrund drängen. Auch das schon relativ bekannte Portal „youtube“ bietet eine Vielzahl von Kurzfilmen an. Fraglich ist hierbei zum Einem die Qualität der Filme, da jeder User jeden beliebigen Film hochladen kann, auch selbstgedrehte Home-Videos. Außerdem besteht auch die Gefahr, dass die Urheberrechte für die verfügbaren Filme missachtet werden, da unkontrolliert Kauf-DVDs oder schwarz kopiertes Material illegal zugänglich gemacht wird.

 

Ein anderes Medium, dass zukünftig Chancen zur Auswertung von Kurzfilmen bietet, ist das Fernsehen. Hier ist besonders der Pay-TV-Sender „13th street“ aktiv, aber auch das öffentlich rechtliche Fernsehen, obwohl man dort manchmal etwas genauer hinsehen muss. Feste Sendeplätze für Kurzfilme gibt es unter anderem bei arte (mittwochs 0:30 Uhr), 3sat (dienstags 21:45 Uhr) und beim MDR (freitags 1:30), der zusätzlich zweimal jährlich eine Kurzfilmnacht veranstaltet. Diese doch sehr spät liegenden Sendeplätze begründet Anke Lindenkamp von ZDF/arte mit den Sehgewohnheiten der Zuschauer, die nicht auf Kurzfilme ausgerichtet sind. Momentan sei es eher ein Nischenpublikum, das sich für Kurzfilme interessiert. Trotzdem sei das Fernsehen ein Medium für Innovationen, das junge Talente fördern und mit Hilfe von Kurzfilmen die Bildsprache weiter entwickeln will.

 

Möglichkeiten der Weiterentwicklung bietet auch das von Prof. Dr. Gerhard Blechinger vorgestellte Projekt „mobile TV“, das sich die neuartigen fernsehfähigen Handys zu Nutze macht. An der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich arbeitet er mit seinen Studenten daran, die neuen Handy-Technologien mit Inhalten zu füllen. Dies ist, so Blechinger, den Telekommunikationsfirmen bisher noch nicht gelungen und bietet jetzt den  Contentproduzenten die Chance, sich auszuprobieren. Der Film, an dem in Zürich gearbeitet wird, ist ein interaktiver Krimi, der an mehreren Handlungspunkten den Usern die Möglichkeit bietet, selbst zu bestimmen, wie der Film weiter gehen soll. Bevor diese Neuerung allerdings für alle zugänglich ist, ist es notwendig, dass die vorhandenen Technologien aufeinander abgestimmt werden.

 

Inwieweit sich die neuen Technologien im Produktions- und Vertriebsbereich tatsächlich positiv auf die Verbreitung von Kurzfilmen auswirken, bleibt noch abzuwarten. Sicherlich gibt es zahlreiche positive Aspekte, die nicht unterschätzt werden sollten. Mit den Möglichkeiten, die Computer heute bieten, steigt zum einen insbesondere die Qualität der Animationsfilme. Zum anderen ist es natürlich viel preiswerter, Filme digital zu produzieren, womit auch die Anzahl der produzierten Filme zunimmt. Die neuen Träger-Formate machen es auch leichter, Filme im Internet und auf DVD zu verbreiten. In der an den Workshop anschließenden Diskussion wurde nun aber die Frage gestellt, ob damit tatsächlich auch die Qualität der Filme steigt. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer, dass die Produktion eines Films auf 35mm besser geplant und vorbreitet ist, da das Material teuer ist und damit den Regisseur zwingt, genau zu überlegen, was gedreht wird. Einen interessanten Beitrag zur Diskussion lieferte auch Ron Dyens, ein französischer Regisseur und Produzent, der über die Situation des Kurzfilms in Frankreich berichtete. Wesentliche Inhalte seiner Präsentation, wie Informationen zur Kurzfilmproduktion, -förderung, Festival- und Fernsehauswertung in Frankreich können im internationalen Kurzfilmmagazin von shortfilm.de unter der Rubrik „Thema“ nachgelesen werden. 

 

Franziska Richter

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