Kurzfilmwettbewerbe

Report

Kurzfilmwettbewerbe – was Kurzes für zwischendurch

Sie sprießen aus dem Boden, als hätte die Filmwelt nur darauf gewartet: Kurzfilmwettbewerbe, für die zu einem vorgegebenen Thema meist innerhalb kürzester Zeit, eine Filmidee entwickelt und umgesetzt werden soll. Auch wenn die vielfältige Wettbewerbslandschaft sich hier nur in kleinen Ausschnitten wiedergeben lässt – ein Versuch ist zumindest längst überfällig. Im ersten Teil beschäftigt sich shortfilm.de mit Kurzfilmwettbewerben, die von oder in Kooperation mit großen Wirtschaftsunternehmen initiiert werden.

 

Die Wirtschaft interessiert sich wieder für den Kurzfilm, zumindest als „Marketing-Tool“. In den letzten Jahren haben Firmen und Konzerne den Kurzfilmwettbewerb als wirkungsvolles Mittel, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern, für sich entdeckt. Die Modemesse b-in-berlin beispielsweise schrieb einen Wettbewerb aus, in dem eine adidas-Trainingsjacke als Requisit eine Rolle spielen sollte. Der Girlie-Ausstatter Tally Weijl präsentiert bis Februar auf seiner Webseite eine Auswahl von zehn für seinen Wettbewerb eingereichten Kurzfilme zur Abstimmung. Das Thema: „totally sexy“. Und erst jüngst schrieb der Kondomhersteller Billy Boy unter dem Slogan „Aufregend anders“ den Billy-Boy-Kurzfilmwettbewerb aus. Damit die Filme auch der Marke zugute kommen, können neben dem Einreichformular auch Gestaltungselemente des Produkts heruntergeladen werden.

 

Eine ganz andere Qualität findet man bei Filmen, die im Rahmen von Kurzfilmdrehbuchwettbewerben produziert werden. Aufgrund des großen hausinternen Aufwands von Marketing-Beratern eher gescheut, vergibt eine Organisation solche Preise meist dann, wenn sie ein Interesse an „guten“ Filmen zu einem bestimmten Thema hat. Die Drehbücher werden daher schon einmal von einer kompetenten Jury „gesiebt“. Im Anschluss an diesen Auswahlprozess wird den Filmemachern zumindest ein Teil der für die Realisierung notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt.

 

Einen hohen Bekanntheitsgrad hat der BMW Kurzfilm Award, der zugleich einer der höchst dotierten Kurzfilmpreise Europas ist. Der Preis wurde 2003 erstmals ausgeschrieben und wendet sich gezielt an Studenten von Filmhochschulen oder Auszubildenden an einer der deutschen Filmklassen. Mittlerweile bewerben sich jedes Jahr über 100 Filmstudenten mit Drehbüchern zu einem vorgegebenen Thema. Die drei Siegerfilme erhalten neben einer Prämie von 5.000 € ein Produktionsbudget in Höhe von 20.000 €, mit dem sie den Kurzfilm mit Unterstützung der Bavaria und einer erfahrenen Produzentin innerhalb eines Monats realisieren. Die Preisträger werden mit großem Aufwand bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen präsentiert und gehen im Anschluss auf Tournee.

 

Die Kosten für den Kommunikationsaufwand, den die Unternehmen zur Vermarktung eines solchen Wettbewerbs, betreiben, liegen allerdings bei weitem über dem Benefit, den die Preise den Filmemachern einbringen – auch wenn sich die Preisgelder durchaus sehen lassen können.

 

Mit dem Award verknüpft BMWdennoch die Hoffnung, dem Filmnachwuchs die Möglichkeit zu geben, über einen einfachen Publicity-Schnellschuss hinaus, seine ersten Schritte in der Filmproduktion unter realen, professionellen Produktionsbedingungen zu machen. Die Preisträger sind denn auch keine Werbefilme, sondern eigene cineastische Produkte, die das breit gefasste Wettbewerbsthema auf ihre eigene Weise interpretieren – mit großem Erfolg, wie der Kurzfilm „Garage Love“ (Tomasz Rudzik/ HFF München, D 2004) beweist, der nicht nur den Deutschen Wirtschaftsfilmpreis gewann, sondern auch diverse Festivalteilnahmen für sich verbuchen konnte.

 

Die filmischen Ergebnisse, die bei „Dreh Deinen Film in 48-Stunden“-Wettbewerben entstehen, entsprechen leider nur in (vom Autor leider bisher noch nicht ausgemachten) Ausnahmefällen den technischen und ästhetischen Standards von Festivals und Fernsehsendern. Sie erfreuen sich allerdings sowohl bei den Filmemachern als auch bei einem aufgeschlossenen Großstadtpublikum großer Beliebtheit.

 

Die Wettbewerbe funktionieren meist nach demselben Prinzip:

Sogenannte Teams bewerben sich im Vorfeld für die Teilnahme an dem Wettbewerb. Zum Auftakt wird das Thema verkündet und die Uhr gestartet. Ab diesem Zeitpunkt hat man für die Entwicklung der passenden Idee, den Drehvorbereitungen, den Dreharbeiten inklusive Schnitt und Vertonung und der Abgabe zwischen 24 und 50 Stunden Zeit. Meist soll der Film inklusive Vor- und Abspann eine bestimmte Länge von beispielsweise 7 Minuten nicht überschreiten.

 

Vorläufiger und die Kurzfilmszene durchaus verblüffender Höhepunkt war das Hamburger Event filmund50 im August 2005, für das eigens die Filmund50 Festival GmbH gegründet wurde. Die Geschäftsführer, der Regisseur Kay Schwiekow und der Musik- und Medienmanager Michael Kramer, fanden mit TV Movie, Hamburg 1 und hamburg.de für einen regionalen Kurzfilmevent ungewohnt reichweitenstarke Medienpartner. Namenspatron wurde Sony, die mit Hilfe des Wettbewerbs ihre zeitgleich auf den Markt kommende PlayStation®Portable promoteten und sich den Namen wohl auch einiges haben kosten lassen. Der Wettbewerb lockte zudem nicht nur mit 50 Stunden Schlaflosigkeit, sondern auch mit der Chance, über die Nominierung für die „Shortlist“ in einer Auflage von 350.000 Exemplaren der TV Movie beizuliegen. Auch wenn die Verquickung mit Sonys PlayStation® als auch die Publikation von cineastischen Schnellschüssen in einer solchen Auflage äußerst fragwürdig ist, zollt der Einsatz für die kurze Form durchaus Respekt.

 

PS: Obwohl die Wettbewerbsform boomt und sich ähnliche Wettbewerbe auch in Berlin (BERLIN36) und Frankfurt, Dresden (Dogs, Bones and Catering) und in Braunschweig (durchgedreht 24) finden, gibt es bislang noch keinen griffigen Namen für diese Form von Wettbewerben. Vorschläge sind herzlich willkommen.

mj

Original Page