Kurzfilmfestivals stellen ihre eigene Geschichte online

Abbildung Festivalkatalog interfilm Berlin und Poster No Budget Hamburg

Links: Deckblatt der fotokopierten Loseblattmappe InterFilm 1982 (Grafik: Axel Brand), Scan: rww/priv / Rechts: Plakat Hamburger No Budget 1985 (Entwurf: Torsten Alisch) © Kurzfilmagentur Hamburg

 

In seinem letzten Newsletter gab interfilm, der Veranstalter des Internationalen Kurzfilmfestivals Berlin, die Erweiterung und Überarbeitung zurücklegender Festival-Internetseiten bekannt. Kurz darauf verwies das Kurzfilmfestival Hamburg ebenfalls auf ein weit zurückblickendes Online-Festivalarchiv. Es ist jetzt offenbar eine gute Zeit für Rückbesinnungen und Reflektionen …

 

Bei interfilm sind jetzt Informationen über alle gezeigten 8000 Filme zurück bis ins Jahr 2004 und alle Trailer zurück bis ins Jahr 1992 online einsehbar. Nichtzuletzt wegen der parallelen Verleihtätigkeit wurden früh Filminformationen in Datenbanken eingetragen, die jetzt online zur Verfügung stehen. Zu den frühen Festivalausgaben ohne Online-Daten gibt es kommentierende Einführungen.

In der Festivalchronologie spiegelt sich die besonders wechselhafte Geschichte des Berliner Kurzfilmfestivals wieder. Hierzu gehören wechselnde Veranstalter und Trägervereine, aber auch Namensänderungen. So taucht beim zweiten Festival 1983 der Name interfilm überhaupt nicht auf[1]. Und, ob das erste interfilm[2]  das „1. 8mm Filmfestival in West-Berlin“ oder das erste Kurzfilmfestival war, könnte man diskutieren[3].

 

Die Kurzfilmagentur Hamburg e.V. hat ebenfalls sein Online-Archiv, mit einem Link auf der Startseite, sichtbarer gemacht. Auf den Archivseiten ist es möglich über ein Datenbank-Interface sogar Filme bis zurück nach 1985 zu suchen. Ab 2014 kann man die Festivalkataloge einsehen und – wie bei interfilm – sind auch Trailer und Festivalposter aufrufbar und werden die Preisträger vergangener Festivals genannt.

Auch die Geschichte des Hamburger Festivals wird durch das Archiv lebendig und nachvollziehbar. So erfährt man zum Beispiel: das erste „Festival“ 1985 war eigentlich nur ein Kurzfilmabend für Super-8 und 16mm-Filme – eine Veranstaltung, die sich in Anlehnung und Abgrenzung zum Hamburger Low Budget Filmfestival, „No Budget“ nannte. Offizieller Veranstalter war die LAG Hamburg[4].

 

Beim Browsen durch die Archive von Kurzfilmfestivals der Gründungswelle in den 80er Jahren fällt auch auf, dass die meisten das 8mm-Filmformat im Fokus hatten oder ihren Ursprung in der unabhängigen Super-8-Filmszene hatten.

 

Der Spruch „Das Internet vergisst nichts“ stimmt leider nicht ganz. Veranstalterwechsel, insbesondere aber Providerwechsel und Relaunches führten zu Datenverlusten. Und manches Festival leistete sich erst spät eine ‚Homepage‘ oder ist älter als das World Wide Web. Deshalb werden auch die noch erhaltenen oder rekonstruierten Informationen über das Festival um so dünner, je weiter man zurück geht. Wünschenswert wären Mittel und Ressourcen um noch vorhandene Archivalien, wie etwa Festivalkatalog und Fotos, zu digitalisieren und damit zugänglich zu machen.

 

 

Weitere große deutsche Kurzfilmfestivals mit Online-Archiven (chronologisch nach Gründungsjahr):

 

Internationale Kurzfilmtage Oberhausen (gegr. 1954 als Westdeutsche Kulturfilmtage)

Archivinhalte: Preisträger, Trailer, Pressestimmen, Katalog ab 2005

Rückblick

 

Open Air Filmfest Weiterstadt (gegr. 1977)

Archivinhalte: Programmübersichten ab 1997, einzelne Links zu Produzenten ab 2001, Filmseiten aus dem Katalog ab 2013

Archiv

 

Internationales Trickfilm Festival Stuttgart (gegr. 1982)

Archivinhalte: Preisträger ab 2009, Katalog ab 2015

Webseitenarchiv

 

European Media Art Festival Osnabrück (gegr. 1988 / Experimentalfilm Workshop 1981)

Archivinhalte: Katalogbeiträge ab 1988, Festivalseiten ab 1997

Historie/Archiv

 

FILMFEST DRESDEN (gegr. 1989)

Archivinhalte: Katalog, Bilder, Preisträger ab 2008

Rückblick

 

 

[1] „FILM STATT BERLIN, zweites internationales super-acht-treffen“, Veranstalter: Freunde der deutschen Kinemathek und Gegenlicht

[2] „1. internationales 8mm filmfestival in west-berlin“, 1982 veranstaltet von Gegenlicht-Filmverleih, G!B 8 Kino und U.V.A.

[3] Es gab 1980 und davor Veranstaltungen (Filmvorführungen, Konzerte, Ausstellungen und Performances) in Berlin-Schöneberg rund um die Künstlerszene im Mitropa („Café M“) in der Goltzstraße, die man als Vorläufer bezeichnen könnte

[4] Die Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft Jugend und Film im Bundesverband BJF e.V.