Dänischer-Experimentalfilm im Online-Archiv „Danmark på film“

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„Rødt og hvidt“ von Keld Helmer-Petersen, 1968 © Filmcentralen/DFI

Die staatliche dänische Filmförderinstitution „Det Danske Filminstitut“ (DFI) betreibt seit einigen Jahren mit Filmcentralen eine Streaming-Plattform für die Filmbildung. Insbesondere für Schulen und Bibliotheken, bei eingeschränktem Zugang, mit Kurzfilmen für Kinder und Jugendliche. Diese Filmbildungsaktivitäten des DFI werden nun durch „Danmark på Film“ (Dänemark im Film) ergänzt. Für jedermann zugänglich sind hier digitalisierte, historische Dokumentarfilme aus dem Filmarchiv zu sehen. Die Plattform bildet vor allem Orte und Ereignisse in Dänemark ab.

 

Im Januar 2020 wurde dieses Angebot um das Thema Experimentalfilm erweitert. Im Mittelpunkt stehen Arbeiten aus den 60er und 70er Jahren, in denen der dänische Experimentalfilm besonders stark war und das Verständnis des Mediums Film einflussreich erweiterte. Zu den wegweisenden Künstlern, die auf der Plattform vertreten sind, gehören Jørgen Leth, Jørgen Roos, Per Kirkeby, Bjørn Nørgaard und Lene Adler Petersen.

 

Kuratiert wurde die Auswahl von der Kunsthistorikerin Birgitte Thorsen Vilslev. Konzeptionell strukturiert sie die dänische Experimentalfilmgeschichte nach wichtigen Persönlichkeiten, Filmgruppen, ästhetischen Strategien und auffälligen Bildmotiven.

 

Zu den Personen gehört Jørgen Leth mit dem Filmklassiker Det perfekte menneske. Leth leitete 1970 zusammen mit Jørgen Roos die Produktionsförderung für experimentellen, künstlerischen Kurz- und Dokumentarfilm im Kortfilmrådet (Kurzfilmrat, 1965-1972).

 

Zu den Filmgruppen gehört das Filmkollektiv ABCinema, das 1968 im Atelier des Malers Per Kirkeby gegründet wurde. Das Kollektiv propagierte eine Amateur-Ästhetik und den Einsatz von Super-8-Film. Zu den denkwürdigen Aktionen von ABCinema gehört die Besetzung der dänischen Filmschule mit Parolen wie ”Amatørens revolte mod de professionelle”.

 

Spätere ABCinema-Mitglieder produzierten 1972 die Filmanthologie Frændeløs, die aus sechs einzelnen Filmen besteht, die von Pop-art, Landschaftsfilm und Aktionskunst geprägt waren – darunter auch „Den kvindelige Kristus“ (Der weibliche Christus) von Bjørn Nørgaard und Lene Adler Peters.

 

Zu den ebenfalls noch vom Kortfilmråd geförderten Projekten gehörte auch der wichtige feministische Film Skarpretteren (Der Scharfrichter) der deutschen Künstlerin Ursula Reuter Christiansen – ein romantisch-existentialistisches Epos über historische Frauenrollen.

 

Zu sehen sind unter anderem auch dystopische Hybridfilme zwischen Zeichnung beziehungsweise Photographie und Bewegtbild wie Opbrud von Helge Ernst und Palle Nielsen.

 

Unter den vorherrschenden Bildmotiven, die von der Kuratorin ausgemacht wurden, gehörten im dänischen Experimentalfilm vor allem Filme über das Element Wasser. Ein Beispiel hierzu ist Knud Victors Akvarel.

 

Ein anderes Thema sind Filme über ‚unser Vaterland‘, wie zum Beispiel der Dreiminüter Rødt og hvidt über die Obsession die Farben der Dannebrog (Fahne) Rot und Weiß einzusetzen. Oder  „Livet i Danmark“  von Keld Helmer-Petersen (s.a. Standbilder in diesem Beitrag).

Insgesamt ermöglicht die Plattform gut konzeptionalisiert und komprimiert das Kennenlernen eines wichtigen Stücks Filmgeschichte – nachahmenswert, zumal es gebührenfrei angeboten wird. Auch, wenn es keine Projektion der Originale ersetzt, so erlaubt das digitale Streaming doch die breite Sichtbarmachung von Filmen, die man sonst wohl nicht sehen könnte. Dafür hätte man zu den parallel zum Online-Launch stattfindenden Screenings in der Cinematek nach Kopenhagen fahren müssen.

Etwas merkwürdig mutet lediglich die Funktion an, eigene Schnittversionen der historischen Arbeiten online erstellen zu können – wohl eine Übernahme aus dem pädagogischen Konzept der Filmcentralen-Schulplattform, die den jugendlichen Nutzern möglichst viel Interaktivität anbieten will.

 

 

URL: https://filmcentralen.dk/museum/danmark-paa-film/tema/dansk-eksperimentalfilm-kunstnerisk-frihed-og-uafhaengighed

 

 

Bildnachweis:

„Livet i Danmark“ von Jørgen Leth, 1972, Filmcentralen/DFI

„Rødt og hvidt“ von Keld Helmer-Petersen, 1968, Filmcentralen/DFI

 

 

 

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