Videoplattformen buhlen mit Millionen Dollar um Filmemacher

Report

Bereits 2008 hatten wir hier  gefragt wie lange Videosharing-Plattformen es sich leisten können nur auf Quantität statt auf Qualität zu setzen. In dem derzeit besonders hart umkämpften Webvideo-Markt versuchen jetzt Videoplattformen mit neuen Leistungen und neuerdings sogar mit finanziellen Anreizen Filmemacher zum Hochladen anspruchsvollerer Videos zu bewegen.

Als neuer Big Player ist kürzlich Amazon eingestiegen. Das  Internet-Handelsunternehmen hat bislang kaum eigenen Content angeboten. Im Filmsektor blieb Amazon, bis auf den Aufkauf von IMDB, eher im Hintergrund – zum Beispiel mit seinen Serverfarmen als Host für Filmplattformen. Seit Oktober geht das Unternehmen mit dem Start von „Amazon Video Direct“ einen Schritt weiter und positioniert sich mit einem eigenen Geschäftsmodell gegen Google’s YouTube (Alphabet Inc.), Facebook Live oder Twitter’s Periscope. Da der Profit nicht mit der Verbreitung von Videos, sondern ausschließlich mit der dazu geschalteten Werbung gemacht wird, für die attraktiver Content Voraussetzung ist, wirbt Amazon nun mit einem Bonus-Programm um Filmemacher, das monatlich mit 1 Million US$ budgetiert ist.

Im Unterschied zu YouTube und anderen Filmplattformen bietet sich Amazon Video Direct (AVD) als werbefinanzierte ‚self-service‘ Distributions-Plattform an. Das bedeutet, dass Filmemacher und Produzenten die Plattform nutzen können, um ihre Filme in der Cloud zu deponieren, zu veröffentlichen und selbst zu vermarkten. Sie haben dabei weitgehende Kontrollmöglichkeiten über den Zugang, die Reichweite und die Art der Werbeverknüpfung. Sogar die On-Demand-Preise und die Nutzungsrechte lassen sich individuell einstellen. Für die Veröffentlichung erhalten sie von Amazon 50% der Nettowerbeeinnahmen. Die Einnahmen werden nach Zugriffszahlen und Zugriffszeit mit fest vereinbarten Sätzen abgerechnet.

Um die neue Plattform in Schwung zu bringen, schüttet Amazon die Hälfte des monatlichen 1 Mio $ Bonus-Programms an die 50 erfolgreichsten Filme (sogenannte Amazon Video Direct Stars) aus, die einen Prime Video Vertrag unterzeichnet haben. Die Verträge können unterschiedlich gestaltet werden. Aber Achtung: Gemeinsam ist den Vertragsvarianten, dass die (nicht-exklusiven) Rechte an den Filmen samt Promotionsmaterial an Amazon abgegeben werden – auch über Vertragende hinaus! Die Dienste von Amazon Video Direct werden derzeit nur für die Territorien Deutschland, Großbritannien, Japan, Österreich und die Vereinigten Staaten angeboten. Der Bonus wird zusätzlich zu den Einnahmen ausbezahlt, die durch gestreamte Minuten, Abrufe oder Ad Impressions entstehen und basiert auf dem Grad der Kundeninteraktion.

Ein anderes Beispiel für solche finanziellen Anreize bietet die Social Media Video Plattform TouTiao in China. In den nächsten 12 Monaten fördert das Unternehmen die Herstellung kurzer Videos mit 1 Milliarde Yuan Renminbi! Die Mittel werden eingesetzt um Filmemacher dazu zu bewegen, Videos hoher Qualität hochzuladen.  Tou.Tiao.com kalkuliert, dass etwa 1.000 Produzenten damit monatlich mindestens 10.000 CNY verdienen können (1 CNY = 0,136 €). Die 2012 als Start-up gegründete Firma hat sich auf die Verbreitung von Nachrichten-Videos für Mobiltelefone spezialisiert (‚toutiao‘ bedeutet ‚Schlagzeile‘) und ist inzwischen ein ernstzunehmender Konkurrent der Branchenriesen wie Sohu und Alibaba. Nach eigenen Angaben ist TouTiao in China die größte Videoplattform für Kurzfilme.

URLs Amazon Video Direct  | TouTiao