documenta 14

Ausstellungen

Kriegsgedröhn im Kinosessel und ein Menschenfresser in der Tofufabrik

Film als Medium auf einer Großausstellung

 

Die documenta von Adam Szymczyk stellt eine Lesart der Kunstgeschichte der Moderne dar und folgt darin dem paradigmatischen Anspruch dieser Großausstellung seitdem sie 1955 in Kassel zum ersten Mal stattfand. Sie ist eine der größten internationalen Ausstellungen von Gegenwartskunst, zu der bereits seit ihren Anfängen auch Filmprogramme gehören und spätestens seit der documenta 8 (1987) auch Film- und Medieninstallationen.

Szymczyks Zusammenstellung an künstlerischen Positionen zielt darauf, der Diversität Räume zu eröffnen, und damit erzählt er Geschichten von der Unterdrückung, der diese Kunst ausgesetzt war, und dem Widerstand, mit dem sie beharrlich ihre eigene Position behauptet und immer wieder kritisch befragt. Der ‚herrschende’ Diskurs ist als Negativform dabei immer erkennbar, sei es als Gegenmodell, das es zu überwinden gilt, oder als Muster der Aneignung.

Ein besonderes Thema der Ausstellung ist das Problem der Notation, der Frage nach Formen und Möglichkeiten von Aufzeichnungen. Damit treten das Dokumentarische als ein klassisches Thema des Films und das Indexikalische als ein Begriff der Fotografie ins Blickfeld. Künstlerische Positionen reflektieren ihren Standpunkt in der Nähe zum und im Abstand vom Dargestellten. Dementsprechend tritt die Kategorie der unmittelbaren Präsenz in den ausgestellten Werken zurück zugunsten von Ansätzen, die ihre eigenen Verweisstrukturen offen legen und das spezifische Narrativ betonen.

In einem Typoskript von Jani Christou aus dem Jahr 1969, das in der documenta Halle ausgestellt wird, erscheint das Wort „re-enactment“. Die Wiederholung in bewusster Nachahmung und Differenz von einem ursprünglichen Ereignis ermöglicht im Versuch einer größtmöglichen Annäherung an das vorbildliche Geschehen eine Rückbesinnung, die bis an die Täuschung von Authentizität reicht. Dabei wird die erste Handlung durch die erneuerte Handlung überdeckt. Sie verliert sich mit jeder weiteren Aufführung. Das ist verständlicherweise für einen Komponisten wie Christou interessant, da sich ihm jede Darstellung als Abklatsch von der Matrix der ursprünglichen Partitur darstellt. Ihm zur Seite treten in der documenta Halle Fotografien und skizzierte Lagepläne, durch die Tanzchoreographien von Anna Helprin dokumentiert werden. Daneben versammelt Igo Diarra Fotomaterial über den malischen Musiker Ali Farka Touré sowie die nach dessen Tod verbleibenden Bandmitglieder, und stellt diesen ihre Kleidungsstücke gegenüber. Im Foto wie in der Kleidung ist die Realität aufgehoben.

 

Die Wiederholung von Erinnerungen durch filmische Medien wirkt in der documenta14 teilweise wie eine Art Tiefenbohrung. Historisch führt sie in die Zeit des Zweiten Weltkrieges oder in die siebziger Jahre. Im Ausstellungsraum auf Monitoren oder als Projektion gezeigte Filme ermöglichen Einblicke in Ateliers von Künstler*innen und ihre Lebensweise an Orten, die abseits der gängigen Wege liegen. Das filmische Medium nutzt die ihm eigene Distanz, die aus der Transformation in immaterielle Projektionen besteht, um intime Situationen vorzuführen. Es erlaubt über die ästhetische Grenze hinweg, eine Nähe zum Körper, insbesondere wenn es um ‚andere’ weil deformierte oder stilisierte Körper geht. Zum Teil erscheinen die Filme installiert in Verbindung mit anderen Objekten, mit Dokumenten und Kunstgegenständen, zusammen mit Malerei, Fotografien oder Zeichnungen.

 

Naeem Mohaiemen erzählt in seiner Drei-Kanal-Videoinstallation die Geschichte der blockfreien Staaten in den siebziger Jahren (Abb. 1). Dabei treten deren politische Akteure, darunter Tito, Gaddafi, Castro, Boumedienne oder Gandhi in historischen Aufnahmen auf, beispielsweise von der Algerienkonferenz von 1973. Ihre ikonische Erscheinung wird in Beziehung gesetzt zur modernen, utopischen Architektur der Konferenzsäle und ergänzt durch gegenwärtige Einschätzungen von Historiker*innen und Künstler*innen. Im zweiten Stock des Landesmuseums wird diese Arbeit in einem separierten Raum gezeigt. Mit ihren 85 Minuten und einer Dramaturgie, die dem historischen Ablauf der Ereignisse folgt, entspricht sie zwar eher dem Format eines Langfilms, die Kamerafahrten durch die Gebäude hingegen fordern eine Begegnung mit den Bildern im Raum. Durch die episodenhafte Aufteilung vermittelt sich das Konzept auch in einzelnen Abschnitten. Im Rahmen einer Großausstellung wie der documenta mit so vielen Werken, bleibt die Verweildauer in der Installation weit unter der Gesamtspielzeit. Ein Soundtrack mit rhythmisch pulsierendem Bassklang illustriert einerseits den unaufhaltsamen Fortschritt der Geschichte, öffnet andererseits durch das Muster der Wiederholung den gesehenen Ausschnitt über seine Grenzen hinweg.

Abb. 1 Naeem Mohaiemen (geb. 1969, London): TWO MEETINGS AND A FUNERAL (2017), Dreikanal-Digitalvideoinstallation, Farbe, Ton, 85 Min., Hessisches Landesmuseum, Kassel, documenta 14, Foto: Michael Nast

 

Auch der Zugang zum Film von Douglas Gordon, der im Kinosaal eines Multiplex gezeigt wird, ist, trotz feststehender Anfangszeiten, durchgängig möglich, so dass es auch dort ein Kommen und Gehen während der Aufführung gibt. Das ist umso störender, als der Film die meiste Zeit von einer schwarzen Leinwand bestimmt wird. Der Zuschauerraum liegt in völliger Dunkelheit, und diejenigen, die das Kino betreten oder verlassen, greifen nicht selten zur Taschenlampe ihres Mobiltelefons, um sich zu orientieren. Der Hauptgrund, der dafür spricht, diese Arbeit im Kinosaal zu zeigen, ist die Tonanlage, die ein gesteigertes räumliches Erlebnis des Klangs ermöglicht. Gordons Arbeit befasst sich mit der Biografie des Filmemachers Jonas Mekas. Der von ihm persönlich eingesprochene Bericht seiner Flucht im Zweiten Weltkrieg und damit verschränkt seiner ersten Zeit in New York rückt dem Zuhörenden direkt auf den Leib, zumal in der völligen Dunkelheit nach und nach das Gefühl körperlicher Distanzen verloren geht. Besonders beeindruckend ist eine längere Passage mit Kriegslärm, in der man akustisch das Gefühl hat, Bomben und Granaten würden in unmittelbarer Nähe einschlagen, Gewehrsalven würden direkt an einem vorüberzischen. Nur selten wird die Dunkelheit durch Bilder unterbrochen, eine vor der Kameralinse tastende Hand oder das Bild eines apathisch starrenden Affen (Abb. 2). Er illustriert eine Passage der Erzählung, in der Mekas einen Zoobesuch in Hamburg schildert, wo nur noch ein Affe die Bombenangriffe überstanden hatte.

Abb. 2 Douglas Gordon (geb. 1966, Glasgow, Schottland): I HAD NOWHERE TO GO (2016): A Portrait of a Displaced Person, 2016, Digitales Video übertragen von Super-8-Film und Video, Farbe und Schwarz, Ton, 97 Min., Cinestar, Kassel, © Douglas Gordon/VG Bild-Kunst, Bonn 2017, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

 

Mekas Biografie als „displaced person“ findet in vielen Künstlerinnen*biografien in der Ausstellung eine Entsprechung.

 

Und auch das spezielle Verhältnis einer körperlichen Wirkung des unkörperlichen Mediums Film findet sich in einer Arbeit, die in den weiß gekachelten Räumlichkeiten einer ehemaligen Tofufabrik gezeigt wird. Dessen Großaufnahmen vom Gesicht eines alten Mannes sind so scharf, dass man jede Pore erkennt, dass der Talg auf der Haut und die Tränenflüssigkeit in den Augenwinkeln spürbar werden und Ekel auslösen. Andere Sequenzen dieser groß projiziert gezeigten Filmarbeit von Véréna Paravel und Lucien Castaing-Taylor sind unscharf mit Handkamera aufgenommen und vermitteln so einen Eindruck unmittelbarer Nähe (Abb. 3). Langsam und mit gebrochener Stimme berichtet der Japaner Issei Sagawa – nachdrücklich dazu von dem ihn pflegenden Bruder aufgefordert – wie er 1981 in Paris seine niederländische Kommilitonin getötet und teilweise gegessen habe. Dazu fokussiert der Film ganz nah die Seiten eines durch den Kannibalen selbst gezeichneten Comics. In seine Erzählung eingestreute Erklärungsmuster, wie eine Kindheitserinnerung an eine Fehlgeburt der Mutter oder die Besessenheit für weiße Frauen, wie den Filmstar Grace Kelley, wirken erbärmlich, beängstigend und faszinierend zugleich. Alte schwarzweiße Filmaufnahmen auf dem Familienleben werden dazu parallel im Vorraum projiziert.

Abb. 3 Véréna Paravel und Lucien Castaing-Taylor (geb. 1971, Neuchâtel, Schweiz/geb. 1968, Liverpool): COMMENSAL, 2017, Doppelprojektion, Digitalvideo, 16-mm-Film übertragen von 8-mm-Film, Video: Farbe, Ton, ca. 30 Min., Film: Farbe und schwarz-weiß, Ton, ca. 40 Min., Installationsansicht, Tofufabrik, Kassel, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

Dass das kuratorische Team der documenta sich dafür entschieden hat, diese Arbeit in einer ehemaligen Tofufabrik zu zeigen, erscheint wie ein schlechter Scherz, der sich aber in der Konzeption der Ausstellung wiederholt:

Ben Russells mehrteilige Videoinstallation über Minenarbeiter in Serbien und Surinam findet ausgerechnet in den Kellerräumen des Fridericianum mit seinen rohen Steingewölben seinen Ort, und Susan Hillers Videoarbeit über aussterbende Sprachen wird in der Grimmwelt in Bezug zum Deutschen Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm installiert. Die vielschichtigen Arbeiten überstehen aber eine solche plakative Kontextualisierung und wehren sich gegen solche einseitigen kuratorischen Zuschreibungen mit Komplexität.

Abb. 4 Ben Russell (geb. 1976, Springfield, Illinois): GOOD LUCK (2017), Vierkanal-Digitalvideoinstallation, übertragen von 16-mm-Film, Farbe und schwarz-weiß, Ton, 71 Min., Installationsansicht, Fridericianum, Kassel, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

 

Ben Russells Arbeit entspricht mit ihren vier Kanälen dem Konzept einer klassischen mehrteiligen Videoinstallation, deren einzelne Filmspuren auf unterschiedliche, aneinander grenzende Raumkojen verteilt sind. Am Anfang stehen Bildern einer durch den Tagebau zerfurchten, quasi komplett umgepflügten Landschaft. Sie wird durch die langsam einem Minenarbeiter folgende Kamera erschlossen. Daran anschließend zeigt der Künstler Porträts der Bergleute, die sie von sich mit einem Selbstauslösungsmechanismus aufgenommen haben. In der dritten Spur sieht man sie im Fahrstuhl in die Grube einfahren und in der vierten bei der Pause (Abb. 4). In diesen Filmbildern der Arbeitspause und der Gespräche erscheint so etwas wie eine Alltäglichkeit in der Extremsituation. Die Unterhaltung scheint in Echtzeit aufgezeichnet. Ganz gewöhnliche Themen, große Sehnsüchte nach einem besseren Leben oder kleine Scherze der Kumpel untereinander bestimmen das Miteinander. Das Schlichte, Banale entsteht aus einer gewissen Unerbittlichkeit des Films, der aufzeichnet, was ihm vor die Linse gerät, wenn die durch sie beobachteten Menschen – wie das heute nur allzu gern geschieht – vergessen, dass aufgezeichnet wird, was sie reden und wie sie sich verhalten. Es entwickelt sich zudem in der Zeit, durch Gleichförmigkeit und Dauer oder durch Verlegenheitspausen, die nicht dem Schnitt zum Opfer gefallen sind. Es zieht sich als Topos durch einige Filmarbeiten der Ausstellung. Alltag gibt es selbst während des Krieges auf der Flucht oder wenn der pflegebedürftige alte Mann ein Kannibale ist. Er spielt die zentrale Rolle, wenn sich Invaliden des Tschetschenienkrieges durch Leibesübungen an den Gebrauch von Prothesen gewöhnen müssen, um so ein normales Leben führen zu können.

In sechs Projektionen führt Arthur Żmijewski im Krieg verstümmelte Männer bei sportlichem Training vor (Abb. 5). Dabei ist es, als würde ein blinder Fleck die Stelle der fehlenden Gliedmaßen überdecken, so selbstverständlich bewegen sie sich. Vergleichbare Übungen der Männer und die Wiederholung in den sechs Projektionen erzeugen einen Rhythmus im Raum, der an die gleichförmigen Bewegungsabläufe einer Maschine erinnert und darin das gewünschte Ideal funktionierender Handlungen in einer gestörten Lebenswirklichkeit veranschaulicht.

 

Abb. 5 Artur Żmijewski (geb. 1966, Warschau) REALISM (2017) Sechskanal-Digitalvideo übertragen von 16-mm-Film, schwarz-weiß, ohne Ton, Je ca. 4–12 Min., Installationsansicht, Neue Neue Galerie (Neue Hauptpost), Kassel, documenta 14, Foto: Mathias Völzke

 

In einem weiteren Themenkomplex führen filmische Arbeiten der documenta 14 ihre Zuschauer*innen in die Ateliers von Künstler*innen. Rosalind Nashashibi beispielsweise dokumentiert die Lebens- und Arbeitsbedingungen der jüdischen Künstlerinnen Vivian Suter und ihrer Mutter Elisabeth Wild in Guatemala. Greta Brătescu widmet 1978 ihrem Atelier in Bukarest einen Kurzfilm. Ashley Hans Scheirl inszeniert sich selbst im Studio in direktem Umgang mit seinen Kunstwerken. In all diesen Fällen gehören jedoch zu den Filmen weitere Werke: Neben Nashashibis Film, der im Naturkundemuseum Ottoneum projiziert wird, gehören auch Werke der beiden portraitierten Malerinnen zur documenta. Arbeiten von Vivian Suter werden in einem Glas-Pavillon an der Kurt-Schumacher-Straße ausgestellt. Collagen von Elisabeth Wild sind in der Neuen Galerie zu finden. Eigene Gemälde von Nashabishi werden im Palais Bellevue präsentiert, darunter eins mit dem Titel „Vivian’s Garden“. Brătescus filmisches Atelierporträt wird zusammen mit dem dazugehörigen Drehbuch gezeigt. Auf einem einzelnen Blatt mit verschränkt gezeichneten Perspektiven erscheint es als alternative Form des Filmskripts. Die Kamera gleitet langsam von Objekt zu Objekt mit einer Aufmerksamkeit für die einfachen Dinge. Daneben erscheint in der Neuen Galerie auf einem weiteren Monitor eine Performancedokumentation der Künstlerin, ebenfalls begleitet durch das entsprechende Skript. Auch Scheirls Werke sind in der Neuen Galerie zu sehen. In diesen filmischen Arbeiten führt er seine Acrylgemälde als Handlungspartner, Masken, Körpererweiterungen oder Camouflage vor. Unter anderem zieht er sich ein Gemälde an, indem er die Beine durch eigens dafür in der Bildfläche vorgesehene Schlitze steckt. Diese Filme erscheinen als Dokumentationen von Performances und Atelierprozessen auf kleinen am Boden stehenden Monitoren unscheinbar wie ein Kommentar zu den großen darüber an die Wand gehängten Gemälden. Seine Arbeiten stehen für die Transgender-Thematik in der documenta, die unter anderem auch noch in der Neuen Galerie auch durch ein monumentales Gemälde von Lorenza Böttner und Dokumenten zu ihrem Leben aufgegriffen wird.

 

Der Film zum Handlungsort der Performance, die aber durch das Medium anders kontextualisiert und geschnitten werden kann. Die Aufzeichnung und die Aufführung mittels Projektion oder Monitor erzeugen eine mediale Differenz, eine Distanz zwischen dem dokumentierten Geschehen und dem Rezipierenden. Diese ästhetische Grenze schützt die Künstlerin oder den Künstler, wie auch die Betrachterin oder den Betrachter, indem die räumliche Intimität erhalten bleibt. Wenn die Akteur*innen in Peter Friedls „Report“ – in Athen lebende Flüchtlinge – den Text von Kafkas „Bericht an eine Akademie“ in ihrer jeweiligen Muttersprache vortragen, wird durch die filmische Inszenierung der Abstand gewahrt: Keine*r blickt direkt in die Kamera. Es ist, als wäre sie – und auch die durch sie repräsentierte Zuschauerin oder der Zuschauer – nicht anwesend. Andererseits ist der fehlende Blickkontakt ein Topos des narrativen Kinos, der von dem voyeuristischen Bedürfnis des Zuschauenden zeugt. Er oder sie möchte, dass ihm oder ihr etwas erzählt wird, ohne dass er oder sie dabei bemerkt wird. Kafkas Text handelt vom Anpassungsversuch eines Affen an die Verhaltensweisen des Menschen in einer Versuchssituation. Es gehört zu den perversen Paradoxien solcher gesellschaftlichen Muster, dass die Integration der „displaced people“ einseitig einfordert, ohne dass ihr Gegenüber sichtbar werden oder gar berührt werden möchte. Friedls Film findet dementsprechend im Stadtmuseum von Kassel seinen Standort, das die Migrationsgeschichte der Stadt zwar aufgreift, aber zwangsläufig musealisiert.

 

Der Konzentration auf die Frage des Filmbildes auf der documenta 14 ist geschuldet, dass ein für die Ausstellung wesentlicher inhaltlicher Aspekt, der Blick auf Athen, nur im Fall der Arbeit von Peter Friedl berücksichtigt wurde, da es hier einen besonderen inhaltlichen Bezug gibt. Die Mehrzahl der hier besprochenen

Arbeiten wurde auch am Standort Athen gezeigt. Oder es wurden andere Werke der gleichen Künstler*innen dort ausgestellt. In Kassel, wie auch Athen wurden jedoch die Werke mit einem Ortsbezug platziert.

 

Das filmische Bild in der Ausstellung der documenta 14 nutzt die mediale Distanz, um Nähe herzustellen zum zeitlich, räumlich und inhaltlich Entfernten. So entsteht eine Vielstimmigkeit, die der etablierten stringenten Erzählung einer Kunstgeschichte der Moderne gegenübertritt. Der Einsatz von Film im Zusammenhang mit anderen künstlerischen Objekten öffnet den Ausstellungsraum perspektivisch. Der Kunstgegenstand stellt eine Präsenz her, dem die Absenz der im Film repräsentierten Realitäten gegenübergestellt wird. Dabei wird die individuelle künstlerische Formensprache des Films zugunsten der durch sie etablierten Erzählungen zurückgedrängt. Eine Ausnahme stellt die wohl gerade deshalb so beliebte Filmarbeit von Roee Rosen dar, die im Palais Bellevue gezeigt wird und auf absurd komische Art das Verhältnis der israelischen Flüchtlingspolitik zum fetischisierten Dyson-Staubsauger in einer erotischen Operette vorführt. Einige der installativ gezeigten Filme, insbesondere diejenigen mit einer längeren Spieldauer, zerfallen in Teilstücke, weil sie in der Regel in der Ausstellung nur kurzzeitig betrachtet werden. Diese segmentierte und gleitende Betrachtung ergibt sich zwangsläufig durch das Angebot der Fülle in einer Großausstellung in der auch die Arbeiten thematisch ineinander fließen. Dem steht der Versuch gegenüber, Einzelpositionen in ihrer jeweiligen Sperrigkeit zu ihrem Recht zu verhelfen.