Nutzungsverhalten bei der Rezeption von (anspruchsvollen) Kurzfilmen im Internet

Screenshot "Short of the Week" Zugriff am 16.05.2016

Online-Plattform „Short of the Week“ ©Screenshot 16-5-2016

Durch zahlreiche Möglichkeiten im Internet Filme hochzuladen und anzuschauen, nimmt die Anzahl der veröffentlichten Kurzfilme auf Onlineplattformen rasant zu. Dies ist auch nicht verwunderlich, da der Kurzfilm wegen der Filmlänge seit jeher als ein besonders geeignetes Format für die Verbreitung über das Internet angesehen wird. Ist ein Kurzfilm erst einmal online verfügbar, kann er zu jeder Zeit auf einem beliebigen mit dem Internet verbundenen Endgerät abgespielt werden. Dabei hat insbesondere die Zunahme von Streamingangeboten die Online-Auswertung von Kurzfilmen gestärkt. Jedoch ist im Vergleich zu Deutschland in den USA und Großbritannien bereits ein größerer Markt an Streaminganbietern vorhanden, die neben Langfilmen auch Kurzfilme in ihrem Angebot führen.

 

Durch die Schnelllebigkeit des digitalen Zeitalters verschwinden aber auch immer wieder Kurzfilmplattformen von der Bildfläche. Gleichzeitig entstehen immer neue Angebote. Noch bis zum Jahr 2006 war die größte und mit 20 Millionen Usern pro Monat erfolgreichste internationale Kurzfilmplattform Atomfilms. Diese wurde zunächst im August 2006 an MTV Networks verkauft und lief nur noch bis 2012 unter dem Namen Atom weiter. Das derzeit größte Kurzfilmangebot im Internet stellt YouTube dar. Mittels YouTube können nahezu alle Videos hochgeladen und mit dem WWW geteilt werden. Anspruchsvolle Kurzfilme spielen aber im Verhältnis zum Gesamtangebot eine eher kleine Rolle. Neben Video-Sharing-Plattformen gehören weitere Angebote, wie beispielsweise Websites von Filmemachern, Online-Archive und redaktionell betreute Kurzfilmplattformen, zu den Verbreitungsmöglichkeiten von Kurzfilmen im Internet.

 

Doch wie sieht das Nutzungsverhalten bei der Rezeption von Kurzfilmen im Internet aus? Um einen Überblick zu erlangen, wurde 2015 eine Online-Umfrage im Zuge einer Master Thesis* unter Kurzfilmrezipienten durchgeführt und ausgewertet. An der Umfrage haben insgesamt 75 Kurzfilminteressierte aus dem deutschsprachigen Raum teilgenommen, 48 der Umfrageteilnehmer sind gleichzeitig Filmemacher. Die Mehrheit der Nicht-Filmemacher ist in einem anderen Tätigkeitsbereich der Kreativwirtschaft beschäftigt. Von allen Teilnehmern gaben 31 % der Befragten an, sich 1 bis 4 Mal im Monat Kurzfilme anzuschauen. 29 % sagten wiederum, dass sie nur wenige Male im Jahr Kurzfilme sehen, während 28 % mehrmals die Woche Kurzfilme schauen. Die geringste Gruppe (12 %) rezipiert Kurzfilme täglich.

 

Die nachfolgenden Umfrageergebnisse geben einen Einblick, welche Onlineplattformen und Endgeräte überwiegend bei der Rezeption von Kurzfilmen im Internet verwendet werden, welche Bezahlmodelle bei den Nutzern den höchsten Anklang finden und welche ergänzenden Informationen neben den Filmen insbesondere erwünscht sind. Dabei wird zunächst ein Blick darauf geworfen, in welchem Verhältnis eine Rezeption von Kurzfilmen auf Onlineplattformen, im Kino, im Fernsehen und auf Festivals stattfindet.

 

Nutzung der unterschiedlichen Rezeptionsformen

88 % der Befragten gaben bei der Umfrage an, Kurzfilme insbesondere online zu sehen. 37 % rezipieren Kurzfilme vor allem auf Festivals, während 17 % sich Kurzfilme meist im Fernsehen anschauen. Nur 15 % der Kurzfilminteressierten sehen sich Kurzfilme im Kino an. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der Kurzfilm in den deutschen Kinos nur spärlich vertreten ist. Während früher der Kurzfilm als Vorfilm in vielen Kinos lief, wird er heute durch die Werbung verdrängt und findet sich lediglich in ausgewählten Programmkinos wieder. Als Grund hierfür werden insbesondere Werbeverträge von den Kinobetreibern genannt, wodurch der zeitliche Rahmen, in dem ein Kurzfilm vor einem Langfilm platziert werden könnte, minimal oder erst gar nicht vorhanden ist. Da die Kinobetreiber nicht auf ihre Werbeeinnahmen verzichten möchten, stellt für viele Betreiber der Kurzfilm ein unrentables Geschäft dar. Anhand fehlender ökonomischer Strukturen im Kinobetrieb war der Kurzfilm noch vor einigen Jahren fast ganz aus dem Kinoprogramm verschwunden. Dies hat sich im Laufe der letzten Jahre aufgrund von neuen Fördermöglichkeiten immerhin leicht gewandelt. So fördert die Filmförderungsanstalt (FFA) das Kurzfilmabspiel in Kinos mit einem Zuschuss. Dieser beläuft sich seit 2014 auf bis zu 2000 Euro pro Jahr und Leinwand. Der Prozentsatz von Kurzfilminteressierten, die sich Kurzfilme im Fernsehen anschauen (17 %), ist ebenfalls relativ niedrig. Hierbei verhält es sich ähnlich wie beim Kurzfilmabspiel im Kino: Der Kurzfilm tritt hier nur als Randerscheinung auf. Wenige Ausnahmen, wie das Kurzschluss Magazin auf ARTE oder Kurzfilm-Themenabende in den dritten Programmen, werden zu schwach frequentierten Uhrzeiten gesendet. Im Gegensatz dazu ist der Kurzfilm im Internet zu jederzeit für Interessierte präsent, wodurch das Kurzfilmangebot im Internet, trotz der unüberschaubaren Masse an Filmen, gerne genutzt wird.

 

Verwendete Endgeräte

Von den Umfrageteilnehmern, die angaben vorwiegend über das Internet Kurzfilme zu schauen, nutzt die Mehrheit dazu entweder einen Desktop-PC (64 %) oder einen Laptop (61 %). Knapp ein Drittel aller befragten Kurzfilminteressierten (31 %) nutzt einen Fernseher. Am wenigsten werden Smartphones (28 %) und Tablets (25 %) zur Rezeption von Kurzfilmen im Internet verwendet. Dabei sind Experten noch vor einigen Jahren davon ausgegangen, dass Kurzfilme durch die Nutzung mobiler Endgeräte insbesondere in Wartezeiten, vermehrt rezipiert werden würden. Jedoch gab die Mehrheit der Befragten (76 %) bei der Umfrage an, sich bisher keine Kurzfilme in Wartezeiten angeschaut zu haben. Allerdings kann sich davon über Hälfte (54 %) vorstellen, dies künftig zu tun.

 

Nutzung von Streaming- und Downloadangeboten

Angefangen von Video-Sharing-Plattformen über virtuelle Galerien und digitale Archive bis hin zu Online-Videotheken und private Websites, können Filme über das Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dazu werden die Filme entweder als Download oder per Videostream angeboten. Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer (79 %) nutzt vorwiegend Streamingangebote zur Rezeption von Kurzfilmen, nur 4 % nehmen vor allem Downloadangebote in Anspruch. Die restlichen 17 % der Befragten nutzen weder Streaming- noch Downloadangebote. Die Ergebnisse sind auf das viel größere Angebot an Streamingdiensten zurückzuführen. So gaben auch die befragten Filmemacher an, ihre Kurzfilme meist über einen Streamingdienst zur Verfügung zu stellen.

 

Meistgenutzte Onlineplattformen

Trotz des umfangreichen Onlineangebotes an unterschiedlichen Kurzfilmplattformen, nutzen die meisten Kurzfilminteressierten hauptsächlich die zwei großen Video-Sharing-Plattformen YouTube und Vimeo. Dabei liegt bei der Umfrage die Plattform YouTube mit 87 % vor Vimeo, welche von 79 % der Befragten zum Schauen von Kurzfilmen genutzt wird. Der Anteil an Kurzfilmen mit künstlerischem Anspruch am Gesamtanteil aller Videos ist auf YouTube im Gegensatz zu Vimeo vergleichsweise gering. Der Grund hierfür liegt in der Ausrichtung der Plattform Vimeo, die sich insbesondere an Filmemacher richtet und auch gerne von diesen zur Präsentation ihrer Werke genutzt wird. Gleichzeitig schauen durch den größeren Anteil an qualitativ höherwertigen Filmen vermehrt Vertreter der Filmbranche auf Vimeo nach Künstlern. So ist für Filmemacher die Anzahl der Videoaufrufe auf Vimeo bedeutender als die Anzahl der Videoaufrufe auf YouTube.

Die Umfrage hat ergeben, dass alle weiteren Kurzfilmplattformen von den befragten Kurzfilmrezipienten weit weniger genutzt werden. Mit 9 % landet die Kurzfilmplattform Short of the Week weit abgeschlagen nach den beiden großen Video-Sharing-Anbietern auf Platz drei. Des Weiteren werden von einem geringen Anteil der Kurzfilmrezipienten (< 4 %) Kurzfilme auf den Filmplattformen Filmportal.de, Short Film Central und Alleskino.de regelmäßig geschaut. Wobei auf der Plattform Filmportal.de überwiegend Trailer von Langfilmen und nur sehr wenig Kurzfilme zu finden sind.

 

Konsum-Online-1024x459Meistgenutzte Portale (Grafik: Isabell Müller)

 

Bei der Frage, auf welchen Onlineplattformen die Kurzfilmemacher, die an der Umfrage teilgenommen haben, ihre Kurzfilme bisher veröffentlichten, liegen ebenfalls die Plattformen YouTube (75 %) und Vimeo (67 %) weit vorne. Darüber hinaus nutzen 25 % der befragten Kurzfilmemacher ihre eigene Website, um ihre bisher veröffentlichten Werke online einem Publikum zu präsentieren.

 

Gewünschte Zusatzinformationen

Durch die Masse an verfügbaren Kurzfilmen im Internet ist es schwer, anspruchsvolle Kurzfilme zu finden. Dennoch werden, wie das Umfrageergebnis gezeigt hat, Kurzfilmplattformen, wie beispielsweise Short of the Week, vergleichsweise wenig genutzt. Dabei bieten solchen Plattformen oftmals eine redaktionell erstellte Auswahl der besten Kurzfilme, wodurch qualitativ hochwertige Kurzfilme schneller gefunden werden können. Dennoch gaben über die Hälfte der Befragten (56 %) bei der Umfrage an, an einem kuratierten Kurzfilmprogramm interessiert zu sein. 32 % waren sich darüber unschlüssig und lediglich 12 % haben kein Interesse an einem kuratierten Programm.

 

kuratierten KurzfilmprogrammInteresse der Nutzer an kuratierten Kurzfilmprogrammen (Grafik: Isabell Müller)

 

Neben dem eigentlichen Film stehen auf Kurzfilmplattformen ergänzende Informationen zum Film zur Verfügung. Wie detailreich die Zusatzinformationen sind, ist von Plattform zu Plattform unterschiedlich. Betrachtet man die meistgenutzte Onlineplattform YouTube, gibt es hier sehr wenige Informationen über die Filme. Diese beschränken sich auf YouTube-bezogene Angaben, wie die YouTube-Kategorie und das Upload-Datum, sowie auf das Beschreibungsfeld. Dabei werden die Beschreibungsfelder von den Nutzern in unterschiedlicher Tiefe ausgefüllt. Die Informationen einer redaktionell betreuten Kurzfilmplattform werden dahingegen einheitlich erschlossen und beinhalten zumeist zusätzliche Informationen, wie beispielsweise Format- oder Genreangaben. Bei der Frage, welche Informationen sich die Umfrageteilnehmer zum Film wünschen, haben 80 % die Synopsis genannt. Knapp der Hälfte der Befragten sind außerdem Screenshots (Stills) der Kurzfilme (45 %) sowie Links zu weiteren Webangeboten der Kurzfilme (48 %) wichtig. Für Angaben zu den erhaltenen Auszeichnungen des Films interessieren sich 32 % der Befragten. Angaben über den Filmstab waren für 29 % von Relevanz und Angaben über das Filmformat für 27 %. Nur 12 % der Befragten interessieren sich außerdem für Kaufinformationen zu den Kurzfilmen.

 

Refinanzierung von Kurzfilmen

Eine Refinanzierung von Kurzfilmen kann online durch Werbeeinnahmen oder über Bezahlmodelle geschehen. Jedoch herrscht nach wie vor bei vielen Internetnutzern die Mentalität, für Online-Content kein Geld ausgeben zu wollen. Auch der zuvor ermittelte Wert, dass lediglich 12 % der Umfrageteilnehmer an Kaufinformationen interessiert sind, zeigt die geringe Motivation, einen Kurzfilm gegen Zahlung zu erwerben. 33 % der Befragten gaben bei der Umfrage an, dass die Refinanzierung von Kurzfilmen auf Onlineplattformen mittels Werbeeinnahmen geschehen sollte. Ebenfalls 33 % finden eine Kombination aus Werbefinanzierung und werbefreien Inhalten gegen Zahlung am besten. Rund ein Viertel der Befragten (24 %) ist der Meinung, dass Kurzfilme auf Onlineplattformen kostenlos und ohne Werbung bereitstehen sollten. Die wenigsten, lediglich 9 % der Umfrageteilnehmer, sind für eine Refinanzierung der Kurzfilme auf Onlineplattformen gegen Zahlung.

 

Umfrageergebnis Refinanzierung

Wie sollen Kurzfilme, die im Internet laufen, refinanziert werden? (Grafik: Isabell Müller)

 

Gleichzeitig scheint für die meisten Filmemacher bei der Bereitstellung ihrer Filme auf Onlineplattformen eine Refinanzierung nicht das Hauptaugenmerk zu sein. Bei der Frage aus welchem Grund die Filmemacher vornehmlich ihre Kurzfilme auf Onlineplattformen präsentieren, gaben fast alle der befragten Kurzfilmemacher (96 %) an, damit ein größeres Publikum erreichen zu wollen. Ebenfalls möchte über die Hälfte der Befragten (56 %) Schaffende aus der Film- und Kulturbranche somit auf sich aufmerksam machen. Nur für etwas über ein Viertel der befragten Filmemacher (27 %) hat das Erzielen von Einnahmen eine hohe Priorität bei der Veröffentlichung ihrer Werke über das Internet.

 

Fazit

Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich die Online-Auswertung von Kurzfilmen in den nächsten Jahren weiter verstärkt, und das Kurzfilmangebot im Internet ansteigt. Die Nachfrage unter den Kurzfilminteressierten nach Onlineplattformen zur Rezeption von Kurzfilmen ist groß. Während sich die Mehrheit der Kurzfilmrezipienten Kurzfilme noch auf Onlineplattformen über Desktop-PCs und Laptops anschaut, lässt sich die Tendenz ablesen, dass in den nächsten Jahren mit einer Steigerung bei der Nutzung von mobilen Endgeräten zum Schauen von Kurzfilmen zu rechnen ist. Dabei liegen Streamingangebote im Vergleich zu Downloadangeboten weit vorne, sowohl bei der Bereitstellung als auch bei der Nutzung. Anhand der unüberschaubaren Masse an Kurzfilmen, die im Internet zu finden sind, ist bei vielen Kurzfilmrezipienten der Wunsch nach einem redaktionell zusammengestellten Kurzfilmprogramm gegeben. Dennoch nutzt die Mehrheit der Kurzfilminteressierten derzeit keine Onlineplattformen mit kuratierten Programmen. Am beliebtesten ist die Refinanzierung von Kurzfilmen auf Onlineplattformen durch Werbung sowie einer Kombination bzw. Auswahl zwischen Werbefinanzierung und Bezahlmodellen. Dahingegen werden reine Bezahlmodelle nur von sehr wenigen Nutzern akzeptiert. Das Umfrageergebnis zeigt aber auch auf, dass die Refinanzierung von Kurzfilmen über Onlineplattform bei den meisten Kurzfilmemachern keine hohe Priorität hat. Vielmehr legen die Filmemacher den Fokus darauf mit der Online-Präsentation ihrer Kurzfilme ein möglichst breites Publikum anzusprechen.

 

* Müller, Isabell: Der Weg zur Verwirklichung eines digitalen audiovisuellen Archives am Beispiel der Konzeption einer digitalen Plattform zur Sichtbarmachung von Kurzfilmen. Darmstadt, Hochschule Darmstadt, Fachbereich Media, Master Thesis, 2015