Abenteuer in Mexiko

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Abenteuer in Mexiko – Der deutsche Kurzfilm bei „Expresión en Corto“

Ein wahres Aufgebot deutscher Filminstitutionen versammelte sich in der zweiten Julihälfte beim diesjährigen Internationalen Kurzfilmfestival „Exprésion en corto“ in Mexiko. Neben dem Goethe Institut Inter Nationes, der Export-Union des Deutschen Films und weiteren Vertretern der deutschen Filmwirtschaft waren es vor allem deutsche Kurzfilmfestivals, die den deutschen Schwerpunkt des Festivals prägten. Carsten Spicher von den Kurzfilmtagen Oberhausen und Heinz Hermanns vom interfilm Berlin präsentierten ihre Festivals und die AG Kurzfilm mit zahlreichen Programmen. Spicher war zugleich auch Mitglied einer der beiden Juries und begutachtete den Kurzspielfilm und den Dokfilmwettbewerb.

Eine Eigenheit des Festivals, das man mittlerweile getrost als das größte und wichtigste Kurzfilmfestival Mexikos bezeichnen darf, ist sein Wanderverhalten: Da es zeitlich versetzt an zwei Orten stattfindet, zieht das Festival nach der Hälfte einfach in die nächste Stadt. In diesem Jahr wanderte die Filmkarawane nach vier Tagen von San Miguel de Allende nach Guanajuato und versetzte gleich zwei Städte in eine temporäre Filmextase – in San Miguel de Allende beispielsweise wurde selbst eine ehemalige Boxarena zum Filmtheater umfunktioniert.

Es war dann auch vor allem die Publikumsresonanz, die die deutsche Delegation sehr zufrieden stimmte. „Allein in den beiden Oberhausen-Screenings zählte man rund 1500 Besucher und das war schon überwältigend“, schwärmt Carsten Spicher, der neben dem Oberhausen-Programm auch eine Rolle der AG Kurzfilm präsentierte. Die überwältigende Zuschauerresonanz zeigte sich in ausverkauften Vorstellungen. Auch Heinz Hermanns von Interfilm konnte sich über mangelnden Zuschauerzuspruch nicht beschweren: „Die Filme kamen alle sehr gut an und waren auch sehr gut besucht.“ Das Internationale Kurzfilmfestival aus Berlin hatte gar mit Abstand die meisten Programme in Mexiko und zeigte vier verschiedene Programme in insgesamt sieben Screenings. Auch Filmemacher konnten vor Ort gesichtet werden: Anja Struck und Athanasios Karanikolas präsentierten ihre beiden Filme „Enfants du Miel“ und „Mein Erlöser“ in Mexiko.

Die erfreuliche Vielzahl an Programmen und Zuschauern wurde allerdings getrübt durch einige Pannen der Veranstalter. So musste sich Hermanns im Kino mit anschauen, wie die Veranstalter ohne seine Zustimmung Filme aus dem Programm nahmen. Da es sich dabei vorrangig um Komödien handelte, bangte der Berliner Festivalleiter kurzzeitig gar um den Ruf des deutschen Kurzfilms. „Wenn dann am Ende vor allem düstere Kurzfilme im Programm bleiben, bildet das natürlich nicht ganz das ab, was der deutsche Kurzfilm zu bieten hat.“

Auch Carsten Spicher war von dem nachlässigen Umgang der Festivalleitung mit seinen Programmpartnern etwas überrascht. So wurden sowohl das Oberhausenprogramm als auch die AG Kurzfilm-Rolle vom Veranstalter um zwei Filme gekürzt. Bei den Kosten, die allein die Aufbereitung der Kopien für die spezifischen Projektionsmöglichkeiten vor Ort – die Filme wurden eigens von BETA-Pal auf BETA-NTSC kopiert – ein etwas unsensibler Akt der Organisatoren.

Doch insgesamt zeigten sich die beiden Festivalrepräsentanten zufrieden. Hermanns resümierte: „Auch wenn die Veranstalter etwas mehr Wert auf Etikette als auf die Filme legten, war es trotzdem ein lobenswertes Festival, vielleicht etwas sehr latein-amerikanisch.“

Weniger den Kurzfilm, sondern lokale Spielfilmproduzenten im Blick hatten deutsche Filmförderer und deren Kollegen von der Export-Union, die vor Ort ein Pitching veranstalteten.

Angeregt wurde die Projektbörse von Sarah Hoch DeLong, der Gründerin und Leiterin des Festivals, die bereits während der Berlinale mit den deutschen Partnern Kontakt aufnahm. Versucht wurde ein Brückenschlag zwischen mexikanischen Produzenten und europäischen Koproduzenten, was nicht immer leicht fiel: Christiane Raab vom Medienboard Berlin-Brandenburg zeigte sich zwar sichtlich begeistert von den vorgestellten Projekten, „das Problem aber war, dass die Geschichten schon in einem für ein Pitching fast schon zu weitem Stadium waren.“

Ob das Interesse europäischer Produzenten an dem mexikanischen Markt groß genug ist, damit diese Initiative Früchte tragen kann, muss sich noch beweisen. Mexikanischen Produzenten, wie in einem Panel geschehen, Richtlinien und Grundsätze des deutschen Fördersystems vorzutragen, scheint jedenfalls in Anbetracht der Standort-Politik der Regionalförderer eher abschreckend als motivierend. Für den deutsch-mexikanischen und damit in zweiter Instanz auch für den europäisch-südamerikanischen Kulturaustausch war der deutsche Schwerpunkt in San Miguel de Allende und Guanajuato jedoch ein wichtiges Indiz für das große Interesse nicht nur am deutschen Kurzfilm im Ausland.

(mj)

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