No Budget braucht mehr Geld

Fast schon traditionell werden in Deutschland Kurzfilme (fast) ohne Geld oder mit zu wenig Geld produziert. Dass dies in der Vergangenheit möglich war, lag nicht zuletzt an der Bereitschaft vieler Filmschaffenden, auf ihre Gagen zu verzichten. Oftmals auf Basis von Rückstellungsverträgen, die praktisch einen Lohnverzicht bedeuteten. Diese Selbst- und Fremdausbeutung scheint vielen selbstverständlich. Nicht nur den Filmschaffenden selbst, sondern auch Förderern und Fernsehsendern, deren finanzielle Beteiligung an Kurzfilmen im Normalfall gerademal ausreicht, um die Kosten für Technik, Locations, Reisen und die Ausstattung zu decken.

 

Diese Praxis wird in den letzten Wochen und Monate von verschiedener Seite infrage gestellt. Zuletzt in den „10 Geboten für die Filmwirtschaft“ des Bundesverband Kinematografie (BVK), in denen das Machen von No Budget-Filmen als würdelos gebrandmarkt wird. In eine ähnliche Kerbe schlägt der Bundesverband Schauspiel (BFFS), der unter der Überschrift „Eine Frage der Ehre“ speziell jene Hochschulen kritisiert, die Schauspieler und Schauspielerinnen als „Ehrenamtliche“ anstellen, um ihre Leistungen nicht bezahlen zu müssen.

 

Ist die Kritik der beiden Verbände berechtigt? Natürlich. Arbeit muss (fair) entlohnt werden – so wie das außerhalb der Kreativwirtschaft völlig selbstverständlich ist. Das bedeutet aber auch, dass Kurzfilme von Förderern und Fernsehsendern (oder den produzierenden Hochschulen) entsprechend finanziell ausgestattet werden müssen. Eine Untergrenze der Entlohnung ist der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, der noch lange keine faire oder tarifgerechte Honorierung darstellt, aber in jedem Fall bezahlt werden muss und wohl auch nicht rückstellbar ist. Die Konsequenzen des Mindestlohngesetzes auf den Finanzierungsbedarf eines No-Budget-Kurzfilms ist gravierend. No Budget geht nicht mehr. Zumindest außerhalb von Hochschulen und jenseits von rein privaten Projekten.

 

Das zeigt das Beispiel für einen 15-minütigen Kurzfilm. Geplant sind fünf Drehtage mit einem Team von 15 Personen, dazu 15 Tage Postproduktion sowie die entsprechenden Vor- und Nachbereitungszeiten. Bei einer täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden sind das für diesen Film rund 1.600 Arbeitsstunden, die mit 13.600 Euro in das Budget einfließen. Addiert man hierzu 25 Prozent Lohnnebenkosten ergeben sich schlussendlich 17.000 Euro, die zusätzlich zu Technikmieten etc. finanziert werden müssen. Und an deren Bezahlung, da Gesetz, kein Weg vorbeiführt.

 

Zum Vergleich: 2013 wurden Kurzfilme in Deutschland durchschnittlich mit rund 15.000 Euro gefördert. In Zeiten des Mindestlohns ist das zu wenig. Förderbeträge, genauso wie die Koproduktionsbeiträge der Sender, müssen also dringend angehoben werden. Sonst droht das Aus für den nicht-studentischen Kurzfilm oder die Abdrängung der Kurzfilmschaffenden in mehr oder weniger rechtlich einwandfreie Produktionsformen.