Rechtliche Hinweise zu Live-Streamings

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Wegen der derzeitigen Versammlungsverbote gewinnen Videokonferenzen und Live-Streams jetzt stark an Bedeutung. Für viele ist das absolutes Neuland. Wer beruflich noch keine Erfahrungen damit gemacht hat, wird erst einmal mit technischen Herausforderungen beschäftigt sein. Ist diese Hürde genommen, sollte man aber nicht gleich loslegen, sondern sich unbedingt auch ein paar Gedanken zum Datenschutz und den rechtlichen Aspekten machen.

 

Im Folgenden gebe ich ein paar Hinweise zur rechtlichen Einordnung der linearen Veröffentlichung von Live-Streams. Mit den wichtigsten Regeln der Urheber- und Persönlichkeitsrechte sollten die meisten FilmemacherInnen und ProduzentInnen vertraut sein. Doch im Unterschied zur Verbreitung bereits fertiggestellter Videos auf Streaming- oder Social-Media-Plattformen, die dort zeitunabhängig angeboten und abgerufen werden, sind bei Live-Streams noch weitere Regeln und gesetzliche Bestimmungen zu beachten.

 

 

Live-Stream ist Rundfunk

 

Live-Streams fallen in Deutschland in den meisten Fällen unter den Rundfunkbegriff und ‚Rundfunk‘ ist genehmigungspflichtig. Unter ‚Rundfunk‘ wird die lineare, d.h. zum zeitgleichen Empfang angebotene, Übertragung audiovisueller Inhalte verstanden. Die Betonung liegt dabei auf Live-Bild-Übertragungen. Podcasts, die ja eigentlich traditionellem Rundfunk ähnlicher sind, nämlich dem Radio, fallen nach deutschem Recht merkwürdigerweise nicht unter die Zulassungspflicht.

 

Neben der zeitgleichen Linearität der Verbreitung gibt es noch weitere Kriterien und Merkmale, die ‚Rundfunk‘ vermuten lassen und eine Zulassung erfordern:

 

  • wenn mehr als 500 Personen gleichzeitig erreicht werden können.

Das ist im Internet eigentlich immer der Fall (siehe § 2 Abs. 3 Nr. 1 RStV),

 

  • wenn Live-Streams regelmäßig nach einem „Sendeplan“ angeboten werden.

Zur Erfüllung dieses Kriteriums reicht die vorherige öffentliche Ankündigung einer Sendezeit (siehe § 2 Abs. 2 Nr. 1 RStV),

 

  • wenn die Inhalte „journalistisch-redaktionell“ gestaltet sind.

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn live moderiert wird. Auch, wenn die Einstellungen in der Kamera montiert oder unter Einsatz mehrerer Kameras gestaltet werden – im Unterschied etwa zu Aufnahmen einer festmontierten, pausenlos in einer Einstellung aufnehmenden Webcam (siehe § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV).

 

 

Sendelizenz – vorläufige Lockerung bei der Zulassung

 

Wer in oben genanntem Sinne ‚Rundfunk‘ anbietet, muss eine Sendelizenz haben! Die Lizenzen werden unter strengen Auflagen (z.B. Benennung eines Jugendschutzbeauftragten, Führungszeugnisse, Kennzeichnung von Werbung, Offenlegung der Finanzen etc.) von den Landesmedienanstalten vergeben. Die Antragsverfahren sind kompliziert und können mehrere Monate dauern. Je nach Bundesland und Art des geplanten Angebots sind für eine Lizenz zwischen 100 bis 10.000 Euro Gebühren fällig.

 

Unter diesen Umständen wäre es engagierten Privatpersonen, Filmfestivals oder Organisationen jetzt unmöglich spontan live zu streamen. Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten hat deshalb am 20. März eine vorläufige Ausnahmeregelung bekannt gegeben[1]. Für Live-Streamings von kulturellen oder religiösen Veranstaltungen sowie Bildungsangeboten während der Zeit des Corona-Epidemieschutzes ist keine formale Zulassung erforderlich. Das Angebot muss aber der zuständigen Landesmedienanstalt angezeigt werden. Mit dieser Anzeige ist eine sofortige Übertragung möglich.

 

Aber Achtung: Juristischen Personen des öffentlichen Rechts (mit Ausnahme von Kirchen und Hochschulen) ist die Veranstaltung von ‚Rundfunk‘ nicht gestattet. Gleiches gilt auch für Betriebe, an denen der Staat mehrheitlich beteiligt ist. Dies könnte unter Umständen Theater, Museen und andere Kultureinrichtungen ausschließen.

 

Und: die Lockerung der Zulassungsvoraussetzungen ist auf die Zeit der Pandemie-Schutzmaßnahmen begrenzt (aktuell bis 19. April). Vermutlich wird die Lockerung von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten dieser Tage im Einklang mit den neuen Kontaktbeschränkungen bis zum 3. Mai verlängert. Eine engmaschige und zeitnahe Überprüfung der Entwicklung ist aber dringend zu empfehlen!

 

 

Workaround – nicht-lineares Streaming einer Live-Aufzeichnung

 

Audiovisuelle Angebote auf Abruf gelten rechtlich als Telemedien und bedürfen keiner Rundfunkzulassung. So können Aufzeichnungen von Videokonferenzen ohne Sendelizenz auf intermediären Streaming-Plattformen gepostet werden.

 

Dabei sind natürlich auch die Regeln, die grundsätzlich für alle Streamings gelten, zu beachten. In diesem Kontext besonders relevant sind Fragen des Urheberrechts und des Persönlichkeitsrechts. Und nicht vergessen: sobald Musik im Spiel ist, sind auch die Verwertungsgesellschaften dabei. Auch das Streamen von der eigenen Website ist GEMA-pflichtig. Hierzu gibt es einen speziellen Tarif für Onlinenutzungen in geringem Umfang (Tarif VR-OD 10)[2].

 

Zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte ist die Einholung des Einverständnisses der Beteiligten erforderlich. Auch sollten Vereinbarungen getroffen werden, wie lange eine Aufzeichnung und auf welcher Plattform im Netz bleiben darf. Diesbezüglich sind zum Beispiel Postings auf Facebook ein Risiko, da zumindest die Videos des Facebook Livestreams dauerhaft gespeichert werden.

 

Am besten wäre eigentlich der Abschluss von Verträgen, doch das werden die meisten, die jetzt erstmals mit dieser Technik arbeiten, wohl nicht auch noch schaffen. Die Herausforderung ist schon groß genug!

 

Disclaimer: dies ist ein journalistischer Blick auf die Sachlage, keine juristische Beratung. Deshalb alle Angaben ohne Gewähr!

 

 

Links:

Dachmarke der 14 Landesmedienanstalten: https://www.die-medienanstalten.de/

Online-Formular zur Meldung eines Livestreams (hier NRW): https://www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/user_upload/2020-04-03_Formular_fuer_Livestreaming_waehrend_des_Corona-Pandemie-Schutzes.pdf

[1] Vereinfachte Zulassung: https://www.die-medienanstalten.de/themen/zulassung/

[2] https://www.gema.de/musiknutzer/musik-lizenzieren/video-mit-musik/

Rundfunkstaatsvertrag: RStV (pdf)

 

 

Bildnachweis:

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