Checkliste für Online-Festival-Einreichungen

Auf Einreichplattformen tummeln sich auch Filmfestivals, die diese Bezeichnung eigentlich nicht verdienen. Veranstalter locken mit wohlklingenden Namen und attraktiv wirkenden Auszeichnungen. Darunter gibt es auch schwarze Schafe, die es nur auf die Einreichgebühren der FilmermacherInnen abgesehen haben. Die folgende Checkliste mit Festivalmerkmalen soll bei der Beurteilung von Online-Festivalausschreibungen helfen.

 

1. Veranstalter-Check

Der Festivalveranstalter sowie verantwortliche Personen sollten namentlich genannt sein. Der Veranstalter sollte eine Straßenanschrift haben. Firmen und Organisationen sollten ihre Organisationsform und die betreffenden Handelsregister- oder Vereinsregister-Nummer nennen.

 

In folgenden Fällen ist Vorsicht geboten:

  • keine namentlich genannten Ansprechpartner
  • keine Adresse, nur URL und E-Mail-Anschrift
  • Anschrift nicht im Land des Veranstaltungsortes
  • Telefonnummer mit Vorwahlen anderer Orte oder auswärtiger Länder
  • ausschließlich Postfach-Anschriften oder virtuelle Büroadressen (z. B. office #, suite #)
  • Wegwerf-E-Mail-Adressen, kostenfreie E-Mail-Accounts

 

2. Einreichung und Reglement

Im Reglement sollten genannt sein: Fristen, Auswahlverfahren, Termin und Ort öffentlicher Vorführungen, Vorführformate, Umgang mit Aufführungs- und Urheberrechten, Jurys, Art der Auszeichnungen, Dotierung von Preisgeldern, Akkreditierungsmodalitäten, Rücktrittsregeln.

 

In folgenden Fällen ist Vorsicht geboten:

  • überdurchschnittlich lange Einreichfristen (länger als 6 Monate vor dem genannten Entscheidungsdatum/notification date oder Ereignis)
  • keine Angaben der Zahl geplanter Wettbewerbsprogramme
  • überdurchschnittlich viele Deadlines (mehr als early, regular, late)
  • keine Ankündigung öffentlicher Wettbewerbsprogramme mit Filmtiteln (Ausnahme: Ausschreibungen für reine Filmpreise)
  • überdurchschnittlich viele Preiskategorien (Gattungen, Laufzeiten, Genre, künstlerische Leistungen)
  • DVD als Vorführkopie
  • Filmvorführungen in Hotels, Konferenzräumen, Restaurants u.ä.
  • keine Geldpreise, sondern Zertifikate oder Trophäen (Ausnahme: kleine Festivals, finanzschwache gemeinnützige Veranstalter)

 

3. Einreichgebühren und Nebenkosten

Falls Einreichgebühren verlangt werden, sollte die Höhe landesübliche Beträge nicht übersteigen. Der Besuch des Festivals (Akkreditierung) und der Wettbewerbsveranstaltungen (Eintritt) sollte für Teilnehmer frei sein.

 

In folgenden Fällen ist Vorsicht geboten:

  • die Höhe der Einreichgebühren nähert sich den Gebühren der größten Festivals des betreffenden Landes (Vergleichsbeispiel: Berlinale Shorts €60, Sundance $60)
  • Forderung zur Zahlung von Akkreditierungsgebühren und Eintrittskarten
  • Preiszeremonien mit kostenpflichtigem Verzehrzwang
  • kostenpflichtige Übernachtung in Vertragshotels des Veranstalters
  • kostenpflichtiger Erwerb von Trophäen
  • kostenpflichtige Angebote für Dienstleistungen (DCP-Erstellung, Film-Untertitelung, Marketing, Filmevaluation)

 

4. Internetauftritt des Festivals, Erscheinungsbild und öffentliches Echo

Das Erscheinungsbild im Internet und das öffentliche Echo lassen Rückschlüsse auf die Seriosität und öffentliche Bedeutung der Festivals zu.

 

In folgenden Fällen ist Vorsicht geboten:

  • gleiches Erscheinungsbild (grafische Gestaltung, Logos) bei mehreren Festivals (Ausnahme: öffentlich deklarierte und bekannte Netzwerke mit mehreren Standorten)
  • Verwendung touristischer Bilder (bekannte Landschaften und Bauwerke) und/oder lizenzfreie Agenturbilder wie z.B. Brandenburger Tor, Eiffelturm, ‚Tulpen aus Amsterdam‘, Sandstrände, Sonnenuntergänge, spektakuläre Bergmassive etc.
  • kein Impressum
  • Veranstaltungsfotos ohne Bildlegende und Copyright-Angaben
  • keine Berichterstattung über frühere Festivals in Fachzeitschriften und Branchenpublikationen.

 

5. Positive Kriterien und Referenzen

Es gibt verschiedene Organisationen und Initiativen, die Festivallisten führen oder Mitglieder haben, von denen anzunehmen ist, dass sie seriös sind. Wie zum Beispiel:

 

Gütesiegel:

  • Festivals, die sich in ihrem Reglement zur Einhaltung des Code of Ethics  der Short Film Conference selbstverpflichten
    • da sich unseriöse Festivals auf Einreichplattformen entfalten, haben einige europäische Anbieter ein gemeinsames Gütesiegel „Fair Submissions“ entwickelt zu dem die Einhaltung eines Verhaltenskodex (Code of Ethics) gehört: http://fairsubmissions.com (2020 eingestellt).

 

Allgemeine Tipps

Reglements gründlich lesen. Ausschreibungen des selben Festivals auf verschiedenen Einreichplattformen vergleichen. Filmverbände und Organisationen fragen. Bekannte fragen, die betreffende Festivals bereits besucht haben. Berichte in Fachpublikationen und der Lokalpresse suchen. Gegebenenfalls Organisationen vor Ort fragen.

Besondere Sorgfalt ist geboten bei Festivals an prominenten Standorten – wie zum Beispiel in den sogenannten Parfümstädten, Metropolen mit vielen Festivals und an Orten, in denen andere bedeutende Festivals und Preiszeremonien stattfinden (Cannes, Hollywood).

 

 

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