Olaf Held

Porträt

Große Kunst braucht nicht viel Worte – Olaf Held und seine Kurzfilme

DAHEIM © Chemnitzer Filmwerkstatt

DAHEIM © Chemnitzer Filmwerkstatt

Was hat wohl ein Filmemacher im Sinn, wenn er sein dreiminütiges Werk SHORT FILM nennt? Olaf Held jedenfalls lässt darüber erst gar keine Zweifel aufkommen und stellt diesem, seinem Kurzfilm die Absicht denn auch voran: Hierbei handelt es sich um ein Kurzfilm-Manifest! Der 1970 in Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz geborene Drehbuchautor und Regisseur versteht dieses Format eben nicht nur als Visitenkarte und Experimentierfeld für den Nachwuchs, sondern sieht darin vielmehr eine eigenständige Kunstform. Zumal er in SHORT FILM, indem er das Leben eines Mannes im Schnelldurchlauf zeigt, den Beweis erbringt, dass sich viele Stoffe in weitaus weniger als 90 Minuten und vor allem ungleich spannender erzählen lassen. Dass diese Hommage 2013 mit dem Deutschen Kurzfilmpreis ausgezeichnet wurde, verwundert demnach kaum.

Entstanden ist Olaf Helds SHORT FILM – wie so oft bei ihm – in Zusammenarbeit mit der Chemnitzer Filmwerkstatt, einer Art Talentschmiede, in der 1998 auch die Karriere des Drehbuchautors ihren Anfang genommen hatte. Alles begann damals mit einer Kung-Fu-Szene für den Film PURITAS, der übrigens erst 2013 seine Leinwandpremiere erleben durfte. Held belegte in den folgenden Jahren Drehbuchkurse, probierte sich außerdem in anderen Filmgewerken wie dem Ton aus und stieg schließlich als Medienpädagoge in der Filmwerkstatt mit ein. Dass er 2006 zum Studium an die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ ging, verdankt Olaf Held mehr oder weniger der Stadt Chemnitz, denn die verlangte plötzlich eine entsprechende Qualifikation, zumindest im medienpädagogischen Bereich. Und so bewarb sich der gelernte Werkzeugmacher und Reiseverkehrskaufmann für den Studiengang Drehbuch/ Dramaturgie an der HFF in Potsdam.

Fast zeitgleich stellten sich die ersten Erfolge für den Regisseur Olaf Held ein. Bereits sein Kurzfilm DUELL IN GRIESBACH von 2006, eine amüsante Adaption der Anfangszene von SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD, lief auf zahlreichen nationalen wie internationalen Festivals. Ebenso verhielt es sich mit den darauf folgenden Produktionen: PETZOLDS PFEIFFEN (2008), DAS LETZTE RAD (2009), VATERTAG (2009), DAHEIM (2011), B-DAY (2012) und schließlich SHORT FILM (2013). Einige davon wurden auch ausgezeichnet, wobei Held immer wieder betont, dass überwiegend die Filme Preise gewonnen haben, die in der Chemnitzer Filmwerkstatt entstanden sind.
Dass es diese Zusammenarbeit nach wie vor gibt und auch in Zukunft geben wird, liegt zum einen daran, dass Olaf Held seine Ideen hier jederzeit verwirklichen kann, ohne sich, wie an Hochschulen und Fördereinrichtungen üblich, dem Urteil einer Jury oder Kommission unterziehen zu müssen. Außerdem stehe bei diesen Produktionen vor allem das gemeinsame Erlebnis des Filmdrehens im Mittelpunkt, berichtet Held, denn sowohl vor als auch hinter der Kamera arbeite er in der Chemnitzer Filmwerkstatt ausschließlich mit Freunden, meist Laien zusammen. Drehbücher, etwa das für DAHEIM, verfasse er daher beispielsweise schon so, dass die Rollen den jeweiligen Darstellern direkt auf den Leib geschrieben sind.

Seine Kurzfilme besitzen allerdings auch eine ganz eigene Ästhetik, besser gesagt: eine Art morbiden Charme. Dabei wirkt die Szenerie zum Teil bedrückend. Oft dominiert ein Grau in Grau die maroden Häuser und das triste Leben der Menschen. Zusätzlich verstärkt wird dieser Eindruck noch durch lange, statische Einstellungen. Ihn, der viele Jahre in der Chemnitzer Kulturfabrik VOXXX Filmvorführer gewesen war, habe vor allem das Kino der 1990er Jahre beeinflusst, und da speziell die Werke von Jim Jarmusch und Aki Kaurismäki, erklärt Olaf Held dieses Faible fürs Trostlose.
Exemplarisch dafür steht sein Heimatfilm DAHEIM. In ihm verlässt ein junger, arbeitsloser Mann die erzgebirgischen Wälder, um sich in der Stadt einen Job zu suchen. Den findet er zwar, aber wie schon im Haus seiner Eltern umgibt ihn auch hier, inmitten des Großstadtlebens, Einsamkeit und Tristesse, so dass er am Ende wieder in die Heimat zurückkehrt, jedoch nicht, ohne sich noch sein Stück vom Kuchen mitzunehmen. Eine Spur lakonischen Humors darf dabei nicht fehlen. Jedoch interessieren Olaf Held immer auch die sozialen Aspekte, weshalb er seine Figuren weniger psychologisch anlegt, sondern sie meist aus einer Totalen heraus in ihrer Umgebung betrachtet. Charakteristisch für Helds Kurzfilme ist zudem sein sparsamer Umgang mit Sprache, mit Dialogen. Stattdessen erzählt er in Bildern, dem ursprünglichsten Mittel des Kinos, wie schon sein Vorbild, der französische Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler Jacques Tati.

Blickt Olaf Held in die Zukunft, so möchte er sich keinesfalls auf ein Genre oder einen bestimmten Stil festlegen lassen. Dass er durchaus ein vielfältiges Spektrum aufweisen kann, stellte er unter anderem mit seinem HFF-Abschlussfilm ROADCREW – einem 90-minütigen Dokumentarfilm über drei Roadies aus Chemnitz – unter Beweis. Eine Herausforderung ganz anderer Art war dagegen das Videotagebuch der Toten Hosen, die er 2012 auf ihrer Tour durch die Wohnzimmer der Fans mit der Kamera begleitet hat.
Aktuell arbeitet Held an einer Dokumentation zum Thema Urheberrechte für die ZDF-Nachwuchsredaktion „Das kleine Fernsehspiel“, Ideen für drei Kinofilme treiben ihn derzeit ebenfalls um. Außerdem überlegt der mittlerweile in Leipzig lebende Drehbuchautor und Regisseur, ob es nicht allmählich an der Zeit ist, einen eigenen Videokanal im Netz zu etablieren. Der geeignete Filmstoff dafür liegt bereits vor und da ist sie dann doch zu erkennen, die oder zumindest eine filmische Handschrift des Olaf Held. Denn wiederum soll die Geschichte in einem erzgebirgischen Dorf spielen. Wie kaum anders zu erwarten, wird Held diesen geplanten Mehrteiler zusammen mit seinen Freunden aus der Chemnitzer Filmwerkstatt drehen, und Kurzfilmlänge werden die einzelnen Folgen keinesfalls überschreiten.

Filmographie:

2012-2013   SHORT FILM
2011              ROADCREW
2010-2012   B-DAY
2010              DAHEIM
2009             DAS LETZTE RAD
2009             VATERTAG
2009             DID DAVID HASSELHOFF END THE COLD WAR? (Drehbuch)
2008             PETZOLDS PFEIFEN
2006             DUELL IN GRIESBACH
2005             WOCHENTAGE